Gender Mainstreaming NKF
21. Jun. 2005
Berücksichtigung von Gender-Budgeting-Gesichtspunkten bei der Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements
An
die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder
des Finanzausschusses sowie
die Fraktionsgeschäftsstellen von
CDU, SPD, FDP und
den Einzelvertreter der PDS
über
das Büro der Landschaftsversammlung
Herrn Rüdiger Koch
21.06.2005
Sitzung des Finanzausschusses am 30.06.2005, Vorlage 12/0249
„Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF) beim LWL“
hier: Berücksichtigung von Gender-Budgeting-Gesichtspunkten
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit der Vorlage 12/0249 gibt die Verwaltung für die o.a. Sitzung des Finanzausschusses einen Zwischenbericht über die Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF) beim LWL. Zutreffend wird dort ausgeführt, dass der neue kommunale Haushalt im Sinne des Neuen Kommunalen Finanzmanagements das Verwaltungshandeln ergebnisorientiert abbilden soll. Dabei komme den Produkten eine besondere Bedeutung zu, da sie zukünftig die Grundlage für die Haushaltsplanung, das Berichtswesen, die Kostenrechnung, die Optimierung der Geschäftsprozesse und für Zielvereinbarungen sein sollen.
Der LWL hat sich dazu erklärt, das Prinzip des „Gender Mainstreaming“ in seine Planungsvorhaben und Projekte einzubauen: „Dass bedeutet, dass bei beabsichtigten Maßnahmen die geschlechtsspezifischen Wirkungen abgeschätzt und als eigenständige Kategorie in die Entscheidungsfindung mit einbezogen werden.“ (Vorlage 11/1958 vom 11.02.2004)
Diese Absichtserklärung findet allerdings im gegenwärtigen Verfahren zur Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements noch keinen konkreten Niederschlag. Mit dem beigefügten Positionspapier möchten wir deshalb auf die erforderlichen Gender-Budgeting-Gesichtspunkte und ihre Berücksichtigung im weiteren NKF-Verfahren hinweisen. Wir bitten Sie, das Positionspapier in Ihre Beratungen zur Vorlage 12/0249 mit einzubeziehen. Eine etwaige Antragstellung im Rahmen der Ausschussberatung behalten wir uns vor.
An die
Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder
des Finanzausschusses
zur Sitzung am 30.06.2005
über das Büro der
Landschaftsversammlung
20.06.2005
Weitere Organisationsentwicklungsplanung zur Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe
Positionspapier zur Berücksichtigung von Gender-Budgeting-Gesichtspunkten
Bei den weiteren Vorbereitungen (Organisationsentwicklungsplanung) zur Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements beim LWL sollten künftig obligatorisch Aspekte des Gender Budgeting berücksichtigt und wie folgt umgesetzt werden:
Gender Budgeting wird als Querschnittsaufgabe in den künftigen Produkthaushalt einbezogen. Fragestellungen und Aspekte zum Gender Budgeting werden in allen Produktbereichen, Produktgruppen und Produkten im Schema des Produktblatts aufgeführt. Beispielhaft kann es sich dabei etwa um folgende Punkte oder Fragestellungen handeln:
* Wie setzt sich die Zielgruppe für die Produktgruppe bzw. das Produkt und die damit verbundenen Ausgaben/Einnahmen zusammen (Männer/Frauen)?
* Wer zieht einen direkten Nutzen aus der jeweiligen Ausgabe/Einnahme? Wer sind die Endbegünstigten – eher Männer oder eher Frauen?
* Wer zieht – bezogen auf die Produktgruppe bzw. das Produkt – einen Nutzen aus der jeweiligen Ausgabe/Einnahme bezüglich der Beschäftigungseffekte?
* Haben geplante Veränderungen im produktorientierten Haushalt (Kürzungen oder Erhöhungen von HH-Ansätzen, strukturelle Änderungen oder dergleichen) geschlechtsspezifische Auswirkungen?
* Gibt es weitere Auswirkungen mit geschlechtsspezifischer Relevanz?
* Kennzahlen zur Geschlechtergerechtigkeit;
* Indikatoren, an denen die Umsetzung der Geschlechtergerechtigkeit gemessen wird;
* Bei Leistungs- oder Zuschussempfänger/innen Anforderungen einer geschlechtsspezifischen Statistik;
* etc.
Im Vorbericht zum produktorientierten Haushalt werden allgemeinere Fragen zum Gender Budgeting behandelt wie etwa:
* Welche direkte und indirekte Wirkung hat der vorgelegte Haushaltsplan insgesamt auf Frauen und Männer (im Bereich der Zielgruppen wie auch im Bereich der LWL-Beschäftigten)?
* Wie wirken sich Einsparungen bzw. Einnahmeerhöhungen oder Umschichtungen insgesamt auf Frauen und Männer aus?
* etc.
Zum Hintergrund:
In den vergangenen Jahren hat sich die Diskussion über die Berücksichtigung von Aspekten der Geschlechtergerechtigkeit bei der Aufstellung von Finanzhaushalten verstärkt und ist mittlerweile sehr viel konkreter geworden. Gender Budgeting ist dabei Teil des Gender Mainstreamings in der Wirtschafts-, Finanz- und Personalpolitik. Die EU-Mitgliedstaaten haber sich im Amsterdamer Vertrag von 1999 zu Gender Mainstreaming auf allen Ebenen und in allen Bereichen verpflichtet (Art. 3 Abs. 2). Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe hat sich dieser Verpflichtung in ersten Ansätzen im Wege des „Top-Down-Prinzips“ genähert. Eine weiterführende Umsetzung in den Fachbereichen und Dezernaten – und so auch in den künftigen Produktbereichen, Produktgruppen und Produkten des Haushaltes – steht noch aus.
Bislang werden die Einnahme- und Ausgabestrukturen des LWL-Haushaltes und ihre Auswirkungen auf unterschiedliche Zielgruppen (Leistungs- oder Zuschussempfänger/innen, Besucher/innen von Kultureinrichtungen, Schüler/innen von Förderschulen, Nutzer/innen und Kund/innen von Dienstleistungen oder Einrichtungen des LWL etc.) in der Regel keiner Prüfung unter Gender-Gesichtspunkten unterzogen („Geschlechtergerechtigkeitsprüfung“). Dabei ist der Haushalt das zentrale öffentliche Steuerungsinstrument mit direkten und indirekten Auswirkungen auf die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die unterschiedlichen Lebenssituationen von Männern und Frauen.
Für die Herstellung von Chancengleichheit für Männer und Frauen können geschlechtergerechte(re) öffentliche Haushalte durchaus einen wichtigen Beitrag leisten. Damit die Politik jedoch ein geschlechtergerechtes Controlling und eine entsprechende Steuerung wahrnehmen kann, bedarf es mehr als einer globalen Einschätzung. Notwendig sind deshalb auf die Lebenssituation von Frauen und Männern bezogene aussagefähige Daten über die Verteilung der Haushaltsmittel, über die Produktziele, über die jeweiligen Zielgruppen der Produktbereiche, Produktgruppen und Produkte sowie die beabsichtigten Wirkungen der Haushaltsansätze.
Je schärfer die verschiedenen Bedarfe und Bedürfnisse der Geschlechter abgebildet und die erforderlichen Mittel entsprechend spezifiziert werden, desto geringer wird das Risiko, dass von Fall zu Fall Haushaltsmittel „falsch“ eingesetzt werden. Effizienter Mitteleinsatz z.B. beim Betreuten Wohnen, in der Jugendhilfe oder bei der medizinisch-therapeutischen Versorgung setzt voraus, dass die spezifischen Bedürfnisse von Mädchen und Jungen /Frauen und Männern erkannt und berücksichtigt und die Dienstleistungen entsprechend gestaltet und finanziert werde.
Unerlässlich ist es dabei, die Produktbereiche, Produktgruppen und Produkte geschlechtsbewusst zu definieren, zu beschreiben und mit Kennzahlen zu unterlegen sowie verbindliche Kriterien für die Umsetzung im Rahmen des Gender Budgeting festzulegen.