Rede LWL-Haushaltes 2005
10. Mär. 2005
Rede zur Verabschiedung des LWL-Haushaltes 2005
Heinz Entfellner – Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN im LWL
Rede zur Verabschiedung des LWL-Haushaltes 2005
in der Landschaftsversammlung am 10.03.2005
Sehr geehrte Frau Vorsitzende, Herr Landesdirektor, meine Damen und Herren,
der Haushalt, den Sie heute verabschieden werden, ist der Haushalt einer erneuten und erneuerten Großen Koalition, die sich die „Rettung des Landschaftsverbandes“ auf die Fahnen geschrieben hat. Sie unterliegen dabei wie schon in den vergangenen Jahren, meine Damen und Herren von CDU und SPD, der Fehleinschätzung, man könne diesen Verband durch immer weitere Sparrunden noch weiter ausquetschen, ohne dass dies nennenswerte Auswirkungen auf die Qualität der Aufgabenerledigung, die Leistungen für die uns anvertrauten Menschen in den Heimen, Schulen und Einrichtungen oder auf die Arbeitssituation der LWL-Beschäftigten hätte.
Arbeitssituation/Personalwirtschaft
Unter der Überschrift „Auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommt es an“ führt das Leitbild für den LWL aus: „Qualifizierte und eigenverantwortliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die wichtigste Ressource des LWL. (…)“
Was sich allerdings seit der Umsetzung der sogenannten Haushaltsbegleitbeschlüsse im März 2003 mit dem Mittel personalwirtschaftlicher Maßnahmen vollzieht, ist unter diesem Aspekt wenig „ressourcenschonend“.
Die teilweise Außerkraftsetzung des Gleichstellungsplanes bezogen auf personellen Ausgleich bei Teilzeitbeschäftigung bzw. Elternzeit und Betreuungsurlaub haben wir bereits an anderer Stelle deutlich kritisiert – die vielbeschworene Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird so ganz sicher nicht gefördert.
Eine andere Entwicklung macht uns zunehmend Sorgen: war von Arbeitsverdichtung und erhöhtem Zeitdruck einerseits und von abnehmender „Bearbeitungstiefe“ andererseits bislang nur hinter vorgehaltener Hand die Rede, bekennt die Verwaltung inzwischen ganz offen (ich zitiere aus den Erläuterungen zum Stellenplan 2005): „Bedingt durch die seit Jahren praktizierte und weiterhin anhaltende restriktive Personalpolitik haben sich in vielen Bereichen enorme Belastungen für die Beschäftigten durch eine erhebliche Arbeitsverdichtung ergeben. (….) Es wird mit Sorge beobachtet, wie lange diese Einsparungen noch durchgehalten werden können, ohne auf Dauer die Aufgabenwahrnehmung in nicht mehr hinnehmbarer Weise zu beeinträchtigen.“
Was eine in dieser Weise andauernde Arbeitssituation für die Leistungsfähigkeit und die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LWL bedeutet, können Sie sich lebhaft ausmalen. Aber wie hieß es noch so schön im Vorwort zu den Leitlinien für Zusammenarbeit und Personalführung des LWL im Februar 2001? Voraussetzung für eine Entwicklung des LWL zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen seien „qualifizierte, motivierte und eigenverantwortlich arbeitende Beschäftigte“. Wir verspielen unser „Kapital“, meine Damen und Herren, statt es sinnvoll einzusetzen.
Dezernat Maßregelvollzug
Aber gespart wird offensichtlich auch nach sehr unterschiedlichen Maßstäben: Während die Personalausgaben bedingt durch die von CDU & SPD beschlossene geringere Anhebung der Landschaftsumlage und die erwartete Übernahme der Tarifergebnisse von Potsdam für die Beamtinnen und Beamten erneut einem Einsparzwang in Höhe von ca. 1 Million Euro unterworfen werden, kommt die Verwaltung fröhlich mit dem Vorschlag zur Einrichtung eines neuen Dezernates für den Maßregelvollzug um die Ecke, und suggeriert dabei, die Finanzierung der neuen Stelle sei kein Problem, würde sie doch komplett aus Mitteln des Maßregelvollzugs per Trägerkostenumlage von den Maßregelvollzugskliniken finanziert.
Man darf aber getrost annehmen, meine Damen und Herren, dass die Koalitionsabsprachen zwischen CDU und SPD offenbar die Wieder-Einführung genau desjenigen Dezernates vorsehen, das unter anderem ja gerade aus Kostengründen Ende 2003 abgeschafft wurde. Das ist eine Verschwendung von öffentlichen Geldern. Entweder es gibt nachvollziehbare Sachargumente oder die Dezernatsgründung ist überflüssig. Aber nachvollziehbar sind die Argumente der Verwaltung für ein Dezernat nun überhaupt nicht, zumal im Fachbereich Maßregelvollzug gerade einmal elf Mitarbeiter/innen beschäftigt sind.
Richtig ist auch nach unserer Auffassung, dass die neuen Herausforderungen im Maßregelvollzug mit einer steigenden Zahl forensischer Kliniken nur mit einer ganzen Leitungsstelle und einem guten Team qualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu bewältigen ist.
Das gute Team steht beim LWL allerdings schon bereit, und die Wahrnehmung der Abteilungsleitung mit einer ganzen Stelle hätten auch wir mitgetragen. Ein neues Dezernat mit hohem Kostenaufwand passt bei den Sparbemühungen in allen anderen Bereichen aber einfach nicht in die Zeit.
Umwelt- und Klimaschutz durch Energieeffizienz
Im Umweltbereich, meine Damen und Herren, war meine Fraktion in diesem Jahr mit Forderungen geradezu bescheiden. Die „Zinseinnahmen und Darlehensrückflüsse von kommunalen Sonderrechnungen“ sollten nach unserer Auffassung zweckgebunden für den Einbau einer Photovoltaik-Anlage beim Neubau der Tagesklinik Rheine der Westfälischen Klinik Lengerich eingesetzt werden.
Das hätte Sinn gemacht, denn das LWL-interne „Intracting-Programm“ zur Energieeffizienzsteigerung, CO2-Reduzierung und Förderung regenerativer Energietechnologien sah zum Zeitpunkt seiner Auflage Ende 1998 eine Anschubfinanzierung von rd. 2,5 Mio. Euro verteilt auf vier Jahre vor. Soweit Maßnahmen in den Sondervermögen des LWL (z.B. in den Kliniken) im Wege des Intracting finanziert werden sollten, wurden diese Mittel als Darlehen bereit gestellt.
Nach der Nichtverlängerung des LWL-internen „Intracting-Programms“ gibt es dennoch bei den genannten Haushaltsstellen Rückflüsse aus den gewährten Darlehen.
Aus der Intention der Beschlusslage zum „Intracting-Programm“ halten wir eine zweckgebundene Verwendung zur Nutzung regenerativer Energien für erforderlich. Aber offensichtlich gibt es seit der Auflösung der Koordinationsstelle Umweltschutz, der Abschaffung des
Energie-Intractings und dem Ausstieg aus dem Klimabündnis keine Lobby mehr in diesem Verband für den Umwelt- und Klimaschutz.
Zur Landschaftsumlage
Lassen Sie mich nun zur Frage der Landschaftsumlage und damit zum gemeinsamen Antrag der Koalitionsfraktionen von CDU und SPD kommen.
Zunächst mag es ja seltsam aussehen, wenn sich eine Fraktion in der zentralen Frage des Umlagesatzes der Stimme enthält – so als ob sie hierzu keine Position hätte. Das ist allerdings nicht der Hintergrund unseres Stimmverhaltens.
Betrachtet man die Haushaltssituation in den Kreisen und Städten Westfalen-Lippes, ist sicherlich jede Reduzierung von Zusatzbelastungen zu begrüßen. Angesichts der enormen Haushaltsdefizite – viele Städte wären schließlich schon glücklich, wenn sie auch nur ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept aufstellen könnten – wäre die Ablehnung einer reduzierten Umlageerhöhung überhaupt nicht vermittelbar.
Das Problem liegt allerdings in Ihrer Refinanzierung dieser Wohltat. Wenn Sie hier in einigen Punkten vorgeschlagen, die Haushalts-Ansätze an das Rechnungsergebnis 2004 anzupassen, ist dies sicherlich unproblematisch.
Anders sieht es aber schon mit dem Vorschlag zur Personalkostenreduzierung aus. Man könnte ja zumindest darüber diskutieren, wenn es hierzu konkrete Vorschläge von Ihnen gäbe, welche Stellen im Laufe des Jahres wo eingespart werden sollten – dann ließen sich zumindest die möglichen Einschränkungen der Verbandsarbeit gegen die finanziellen Vorteile für die Kreise und Städte politisch abwägen. Aber die politische Verantwortung für diese Entscheidung überlassen Sie, meine Damen und Herren von der CDU und SPD, lieber wieder der Verwaltung.
In der Realität haben wir heute über einen Stellenplan zu entscheiden, bei dem offen gesagt wird, dass er lediglich Makulatur darstellt. Auch ohne die zusätzliche Kürzung des Sammelnachweises wäre es nicht möglich, die ausgewiesenen Stellen zu finanzieren. Wir kommen so also in die Situation, dass lediglich die zufälligen Stellenabgänge über die künftige Aufgabenwahrnehmung entscheiden. Dabei ist es doch schon heute soweit, dass wir durch eine „verringerte Tiefe der Aufgabenwahrnehmung“ etwa im Bereich der Eingliederungshilfe bereits Einnahmen gefährden – wohl auch schon verlieren, wie künftige Rechnungsprüfungsberichte aufzeigen dürften.
Der größte Teil Ihrer Gegenfinanzierung beruht lediglich auf dem Prinzip Hoffnung. Wir alle wissen nicht, wie viele Menschen zusätzlich in diesem Jahr Leistungen der Eingliederungshilfe brauchen werden. Die Verwaltung führt zur Kompensation der geringeren Umlagesteigerung an, die „Neukalkulationen an der untersten Grenze der Einschätzungsbandbreite“ vorgenommen zu haben. Eine schöne Umschreibung des verbotenen Begriffes einer „Risikoveranschlagung“, die zum überwiegenden Teil zu Lasten der Sozialansätze geht. Ihre neuen Haushaltsansätze sind also nur damit zu erklären, dass sie zunächst das verlangte Ergebnis festgelegt, und dann dafür die passenden Zahlen gesucht haben.
Ebenso riskant ist zudem ihre Erwartung, dass sich Steigerungen der Tagessätze vermeiden ließen, immerhin eine Entscheidung, über die zum einen sozialpolitisch diskutiert werden müsste, und bei der Sie immerhin Verhandlungspartner zu berücksichtigen haben.
Ich fasse zusammen: Eine geringere Belastung der Kreise und Kommunen ist sicherlich zu begrüßen – die Gegenfinanzierung ist aber völlig unsolide. Meine Fraktion wird sich daher zum CDU/SPD-Antrag zur Landschaftsumlage der Stimme enthalten. Den Haushaltsentwurf 2005 tragen wir nicht mit.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.