Angebote des LWL bei der Flüchtlingsbetreuung
01. Sep. 2015
Angebote des LWL zur Unterstützung bei der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen
Berichtsvorlage
Betreff:
Angebote des LWL als Beitrag zur Unterstützung bei der Unterbringung und Betreuung von
Flüchtlingen
Aufgrund zahlreicher Unruhen und Krisen in der Welt, teilweise aber auch aufgrund
schlechter wirtschaftlicher Verhältnisse in einzelnen Herkunftsländern, steigt die Anzahl
asylsuchender Menschen in Deutschland in den letzten Jahren stark an. Diese Entwicklung
lässt sich bereits seit 2009 beobachten, jedoch kam es insbesondere in den vergangen zwei
Jahren zu einer dramatischen Steigerung der Fallzahlen. So lag die Anzahl an Asylanträgen
im vergangenen Jahr rund 60 Prozent über dem Vorjahreswert. Für 2015 rechnet das
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit einer Gesamtzahl von ca. 300.000 Anträgen
auf Asyl. In Deutschland werden damit voraussichtlich mehr als sechsmal so viele Menschen
Schutz suchen wie im Jahr 2010.
Die aufgezeigte Entwicklung weist nicht nur auf die sich hinter den Zahlen verbergenden
Schicksale hin, sie verdeutlicht zudem die Herausforderung für Bund, Länder und
insbesondere für die Kommunen, wenn es um Unterbringung, Betreuung und Versorgung
der Betroffenen geht. Aufgrund dessen haben sich die LWL-Dezernate in den vergangenen
Monaten intensiv mit möglichen Beiträgen zur Betreuung der Flüchtlinge sowie zur
Entlastung der angespannten Unterbringungssituation auseinandergesetzt und in
Abstimmungsgesprächen im Rahmen der Dezernentenkonferenzen beraten.
Aufgrund der Relevanz des Themas und des Informationsbedarfes der Fraktionen (Anfragen
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 14/0311, und der Gruppe LWL-Piraten,
Drucksache 14/0323) wird mit dieser Vorlage ein Überblick über mögliche oder tatsächliche
Befassungen der LWL-Dezernate mit Flüchtlingsfragen gegeben.
LWL-Bau- und Liegenschaftsbetrieb
Die Stellungnahme des LWL-BLB ist in die Einzelberichte der Dezernate eingeflossen. Eine
Darstellung der disponiblen Flächen und Gebäude findet sich zusammen mit einer
entsprechenden Übersicht über die Nutzungsmöglichkeiten von Leerständen und Freiflächen
des LWL-PsychiatrieVerbundes in der Anlage.
LWL-Landesjugendamt, Schulen, Koordinationsstelle Sucht
1. Das Land NRW legt derzeit ein Förderprogramm für eine niederschwellige
Tagesbetreuung von Flüchtlingskindern außerhalb von KiBiz-Einrichtungen in der
Größenordnung von 6 Mio. EUR in 2015, 10 Mio. EUR in 2016 auf.
Bewilligungsbehörden sollen die beiden Landschaftsverbände sein und zwar für
Einzelprojekte mit einem kommunalen Eigenanteil. Die Mittel sollen nicht pauschaliert auf
alle Jugendämter verteilt werden.
Die Aufgabe wird nur mit zusätzlichen Stellen zu bewältigen sein. Seitens des Landes
liegt hierzu eine Finanzierungszusage vor.
Die Freie Wohlfahrtspflege fordert, dass die Landschaftsverbände bei diesem
niederschwelligen Angebot auch traumatisierte Kinder, die damit oftmals eine (drohende)
seelische Behinderung aufweisen, genauso fördern wie in KiBiz-Einrichtungen. Dies
würde einen durchschnittlichen Jahresbetrag von ca. 7.500 EUR je Kind mit
Behinderung bedeuten. Nach der Richtlinienförderung wäre dies allerdings außerhalb
von KiBiz-Einrichtungen derzeit nicht möglich. Wie viele Kinder betroffen wären und in
welcher Höhe finanzielle Hilfe tatsächlich erforderlich ist, kann derzeit nicht gesagt
werden.
Geplant ist außerdem, sehr kurzfristig eine Arbeitshilfe zur Kindertagesbetreuung
insbesondere von Flüchtlingskindern mit dem Ministerium, den Kommunalen
Spitzenverbänden, der Freien Wohlfahrtspflege und dem LVR (unter Federführung LWL)
zu erstellen. Inhaltlich geht es sowohl um den Bereich der planerischen Gestaltung von
Angeboten (Jugendhilfeplanung der Jugendämter) als auch um die fachliche
Konzeptionierung (durch den jeweiligen Träger bzw. die einzelne pädagogische Kraft).
2. Weitere neue Förderprogramme (bzw. Aufstockung bestehender Programme) sind
bisher nicht fest geplant. Allerdings erscheint das angesichts der Brisanz des Themas
durchaus möglich, z.B. für die Jugendarbeit (Kinder- und Jugendförderplan des Landes).
3. Bezogen auf den Aspekt der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge bereitet der
Bund ein Gesetz vor, das eine gleichmäßige Verteilung dieser Kinder und Jugendlichen
vorsieht. Hier geht es zunächst um eine bundesweite Umverteilung auf die Länder
(Königssteiner Schlüssel) und in der Folge um eine NRW-interne Zuweisung an die
Jugendämter. Zusätzlich gibt es im MFKJKS Überlegungen, innerhalb von NRW eine
Umverteilung vorzunehmen, da bislang die Hauptlast der in NRW in Obhut genommenen
Minderjährigen von lediglich 6 Jugendämtern getragen wird. Auf Bitten des Landes soll
ein Landesjugendamt (LJA) in NRW diese Verteilung/Zuweisungen übernehmen.
Einvernehmlich haben sich LWL und LVR darauf verständigt, dass diese Aufgaben vom
LVR übernommen werden.
4. Es besteht ein erhöhter Bedarf bei der Fachberatung, der Qualifizierung und
Fortbildung in allen Bereichen, etwa den Hilfen zur Erziehung, der Amtsvormünder, Kita,
Jugendarbeit, Schule zum Umgang mit diesen Flüchtlingskindern und ihren Familien.
Informationsveranstaltungen, um Fragen zur Grundsatzproblematik und Einzelfragen
aufzugreifen, sind geplant. Aus solchen Veranstaltungen könnte eine Internetplattform
zum Austausch entwickelt werden. Das LWL-Bildungszentrum Jugendhof Vlotho bietet
bereits jetzt für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinder- und Jugendhilfe
Fortbildungen zu Traumapädagogik, Trauma-Releasing-Exercisis (TRE) bei vorhandenen
Sprachbarrieren und für den Umgang von Pflegeeltern sowie Erzieherinnen und
Erziehern mit traumatisierten Kleinkindern an. Auch für die Arbeit mit unbegleiteten
minderjährigen Flüchtlingskindern sind Fortbildungen geplant.
5. Bei der Inobhutnahme minderjähriger unbegleiteter Flüchtlinge ist vor allem auch die
betriebserlaubniserteilende Stelle gefragt. Die vorhandenen stationären Plätze reichen
bei weitem nicht mehr aus. Zum Teil erfolgt die Unterbringung in Hotels, was nach
Jugendhilferecht nicht zulässig ist. Es gilt hier im Rahmen der Betriebserlaubnis
verträgliche Lösungen zu finden, die allerdings in der Regel hohen Verwaltungsaufwand
mit sich bringen. Zudem müssen die Voraussetzungen für die Erteilung einer
Betriebserlaubnis erfüllt sein. Dies ist letztlich auch Voraussetzung für die Durchsetzung
eines Kostenerstattungsanspruches des unterbringenden Jugendamtes gegen das Land.
6. In den LWL-Jugendheimen können bei vorhandenen stationären Platzkapazitäten und
entsprechender Eignung der konzeptionellen Angebote Kinder/Jugendliche aus
Flüchtlingsfamilien, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und Mütter/Väter mit Kindern
(im Rahmen von Mutter/Vater-Kind-Unterbringungen) betreut werden. Sprachliche
Verständigungsprobleme müssen mit Dolmetschern bzw. Dolmetscherinnen etc.
bearbeitet werden. Ambulante Hilfen sind ebenso möglich. Umfangreiches Wissen zu
„Traumatisierung und Traumapädagogik“ ist vorhanden. Entsprechende Betreuungen
sind in Einzelfällen in der Vergangenheit bereits erfolgt, bei üblicher Finanzierung der
Leistungsentgelte durch die Jugendämter. Auf Nachfrage von Jugendämtern können
niedrigschwellige Angebote z.B. zur Tagesbetreuung von Flüchtlingskindern –
außerhalb von Regeleinrichtungen zur Kinderbetreuung – entwickelt werden, wenn die
Finanzierung durch die Jugendämter sichergestellt ist. Das LWL-Jugendheim
Tecklenburg könnte in einer bisher nicht optimal genutzten Immobilie Plätze für
unbegleitete minderjährige Flüchtlingskinder schaffen. Auf Rückfrage haben die
Jugendämter des Kreises Steinfurt und der Stadt Münster einen entsprechenden Bedarf
verneint.
7. In den LWL-Förderschulen ist die Problematik derzeit nach Kenntnis des LWL als
Schulträger bisher noch nicht angekommen, da auch erst nach Anerkennung der
Schulpflicht die endgültige Zuweisung erfolgt. Von den Rahmenbedingungen her sind die
Aufnahmen dieser Schülerinnen und Schüler jedoch ohne weiteres möglich und auch
kurzfristig im Schülerspezialverkehr einplanbar.
LWL-Behindertenhilfe Westfalen
1. Die LWL-Behindertenhilfe ist für ausländische Flüchtlinge mit Behinderungen oder mit
besonderen sozialen Schwierigkeiten, deren Ehegatten/Ehegattinnen und minderjährigen
Kinder zuständig, sofern diese um Asyl nachgesucht oder einen Asylantrag gestellt
haben und nicht oder nicht mehr verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung des
Landes zu wohnen. Allerdings begrenzt sich die Zuständigkeit auf die wenigen Fälle, in
denen eine Hilfe zum Wohnen oder der Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich ist. 1
Die Zuständigkeit unterliegt zudem einer weiteren Einschränkung:
Nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des AsylbLG (AG AsylbLG NRW) sind
zunächst die Gemeinden für die Durchführung der Aufgaben nach dem AsylbLG
zuständig. Die Landschaftsverbände nehmen gem. § 1 Abs. 2 dieser Vorschrift die
Aufgaben nur in den Fällen des § 2 AsylbLG war.
Die Voraussetzungen von § 2 AsylbLG sind erst nach einer sog. „Vorbezugsdauer“ von
bislang 48 Monaten erfüllt. Seit 01.03.2015 hat sich diese Voraussetzung geändert: Es
kommt nun nicht mehr auf die 48-monatige Bezugsdauer an; vielmehr muss sich der
Flüchtling seit 15 Monaten ununterbrochen im Bundesgebiet aufhalten.
Demzufolge ist der LWL im Rahmen des AsylbLG ausschließlich für die Erbringung von
Leistungen in besonderen Fällen (§ 2 AsylbLG) sachlich zuständig, für die er nach den
Bestimmungen des SGB XII/AV-SGB XII einzutreten hätte und nur wenn sich der
Flüchtling bereits seit 15 Monaten im Bundesgebiet aufhält.
2. Hinsichtlich des Zugangs von Flüchtlingen in Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe
sind die Landschaftsverbände nach der AV-SGB XII NRW sachlich zuständig für die
Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 bis 69 SGB
XII für Personen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn es erforderlich ist, die
Hilfe in einer teilstationären oder stationären Einrichtung zu gewähren. Darüber hinaus
sind die Landschaftsverbände zuständig, wenn die Hilfe dazu dient, Hilfe in einer
teilstationären oder stationären Einrichtung zu verhindern (Ambulant Betreutes Wohnen).
Die Finanzierung von Übernachtungseinrichtungen und Notunterkünften fällt nicht in die
Zuständigkeit der Landschaftsverbände; im Sprachgebrauch werden auch diese
Einrichtungen dem System der Wohnungslosenhilfe zugerechnet.
Flüchtlinge besitzen nur unter den in Punkt 1 dargestellten Voraussetzungen einen
Rechtsanspruch auf Leistungen der Hilfe nach § 67 SGB XII. Über die Leistung ist im
Einzelfall im Rahmen des Ermessens zu entscheiden (§ 23 Abs. 1 S. 2 SGB XII). Bei der
Ausübung des Ermessens sind die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen;
insbesondere auch familiäre und andere soziale Bindungen und die Dauer des
Aufenthalts in Deutschland.
3. Keine Angaben können dazu gemacht werden, welche Einrichtungen von Hilfeanfragen
von Flüchtlingen betroffen sind, da die Einrichtungen derartige Anfragen dem LWL bisher
nicht mitgeteilt haben. Hierzu müsste eine Nachfrage bei den Einrichtungen erfolgen. Für
eine Abfrage und Auswertung der Antworten ist jedoch ein Zeitrahmen von wenigstens 2
Monaten erforderlich.
4. Da es vorrangig Aufgabe der jeweiligen Kommune ist, entsprechende
Unterbringungsmöglichkeiten vorzuhalten bzw. zu schaffen, wurden mit den
betroffenen Einrichtungen bislang keine Gespräche bezüglich einer Vermittlung in
eigenen Wohnraum geführt. Der LWL hat gegenüber den Einrichtungen dazu auch keine
Anregungen gegeben. Die Möglichkeiten zur Unterstützung von Einrichtungen in dieser
besonderen Situation beschränken sich seitens des LWL auf beratende Leistungen.
LWL-Abteilung für Krankenhäuser und Gesundheitswesen, LWL PsychiatrieVerbund
Westfalen
1. Mit der Berichtsvorlage 14/0262 vom 18.02.2015 sowie der aktuellen Beschlussvorlage
14/0341 vom 24.03.2015 hat die Verwaltung dem Gesundheits- und
Krankenhausausschuss die Angebote im LWL-PsychiatrieVerbund differenziert
vorgestellt, die die psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung von Personen
mit Migrationshintergrund derzeit schon unterstützen bzw. die geplant sind, um diese
weiterhin zu optimieren. Die in diesen Vorlagen geschilderten Leistungsangebote
beziehen sich nahezu ausschließlich auf Personen mit Migrationshintergrund, die in
versicherungsrechtlicher Hinsicht wie deutsche Bürgerinnen und Bürger
krankenversichert sind und entsprechend Anspruch auf das gesamte Spektrum
psychiatrischer und psychotherapeutischer Krankenbehandlung im Sinne des SGB V
haben. Bei der Personengruppe handelt es sich fast ausschließlich um Patientinnen und
Patienten mit etabliertem und legalisiertem Aufnahmestatus. Bei ihnen liegt keine akute
bzw. ungeklärte Flüchtlingsproblematik vor.
Mittelbar und zeitversetzt können die Weiterentwicklungen im Bereich der
Interkulturellen Psychiatrie auch für die psychotherapeutischen und
traumatherapeutischen Angebote bei Flüchtlingen hilfreich sein. Dennoch ist
insbesondere mit Blick auf die Anspruchsvoraussetzungen klar zu differenzieren
zwischen interkultureller Psychiatrie bei Migrantinnen und Migranten ohne anhängige
Flüchtlingsproblematik versus Personen mit akuter Flüchtlingssituation und damit bis
jetzt fehlender Finanzierungsgrundlage für psychotherapeutische und
traumatherapeutische Leistungserbringung. Das Finanzrisiko für erbetene
Behandlungsleistungen darf nicht bei den LWL-Kliniken verbleiben.
Die Gesundheitsversorgung von nach Deutschland geflüchteten Personen ist im
Asylbewerberleistungsgesetz in den §§ 4 und 6 geregelt. Dort sind die den
Asylbewerbern/Leistungsberechtigten zustehenden Gesundheitsleistungen aufgeführt.
Diese werden auf akute Erkrankungen und Schmerzzustände, Gesundheitsfürsorge für
werdende Mütter und weitere unerlässliche Leistungen beschränkt. Sie stehen unter
dem Genehmigungsvorbehalt der zuständigen Behörde, in der Regel des Sozialamtes.
Psychiatrische Leistungen – insbesondere der Traumatherapie – werden von diesen
Gesundheitsleistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz im Regelfall nicht
berücksichtigt.
2. Das Land Nordrhein-Westfalen will mit unterschiedlichen Maßnahmen die Hilfen für
Flüchtlinge verbessern. Das MGEPA will dabei einen Förderschwerpunkt auf „Projekte
zur Beratung und Unterstützung von gewaltbetroffenen traumatisierten
Flüchtlingsfrauen“ legen. Innerhalb dieses Förderschwerpunktes ist ein Modul „Akutund
Kurztherapien für traumatisierte Flüchtlingsfrauen“ vorgesehen.
Der LWL-PsychiatrieVerbund Westfalen hat sich grundsätzlich bereit erklärt, dieses
Förderprogramm des Landes zu unterstützen, vor allem indem er seine
Traumaambulanzen als kompetenten Leistungserbringer für dieses Modul zur Verfügung
stellt.
Dieses Modul „Akut- und Kurztherapien für traumatisierte Flüchtlingsfrauen“ sieht nach
den bisherigen Vorstellungen des MGEPA die Finanzierung von maximal 8 bis 10
Gesprächseinheiten und eine Finanzierung von Sprachmittlern für Flüchtlingsfrauen vor,
die keinen Anspruch nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und auch nicht nach dem
Opferentschädigungsgesetz (OEG) haben. Die Leistungserbringung soll ausschließlich
bei den nach OEG anerkannten Traumaambulanzen erfolgen. Diese werden in
Westfalen-Lippe überwiegend vom LWL-PsychiatrieVerbund, aber auch von anderen
Trägern vorgehalten. Die Notwendigkeit einer traumatherapeutischen Behandlung soll in
der ersten Therapiestunde durch die Traumaambulanz festgestellt werden. Den
Traumaambulanzen werden in Anlehnung an die im OEG bereits bestehenden Verträge
pro probatorischer Sitzung 82 € zzgl. einer einmaligen Fallpauschale von 100 € pro
behandelter Frau gezahlt. Die zur Verfügung stehenden Mittel sind auf jährlich 200.000
€ begrenzt. Insgesamt stehen damit Mittel für die Behandlung von ca. 140 – 200
Flüchtlingsfrauen/Jahr zur Verfügung. Das MGEPA wird einen Zuwendungsbescheid an
die Landschaftsverbände fertigen. Diese können die Finanzmittel dann in Teilsummen
abrufen. Die Steuerung und Vergabe der Mittel im jeweiligen Einzelfall erfolgt durch
das LWL-Amt für Soziales Entschädigungsrecht.
Für eine wirksame traumatherapeutische Unterstützung sind grundsätzlich zwei
Kompetenzen vorrangig relevant:
– traumatherapeutische Expertise; nachrangig eine allgemeine
psychiatrische/psychosomatische/psychotherapeutische Qualifikation.
– idealerweise muttersprachliche Kenntnisse sowie Qualifikationen im Bereich einer
kultursensiblen Ausgestaltung psychotherapeutischer Leistungen. In dieser Hinsicht
bestehen fachlich große Schnittmengen mit dem übergeordneten Bereich der
Interkulturellen Psychiatrie insgesamt. Desweiteren sind Kenntnisse zu den typischen
Rahmenbedingungen, Stressoren und Traumatisierungswirkungen im Rahmen einer
Flüchtlingsgeschichte bedeutsam. Bei unzureichenden muttersprachlichen
Kenntnissen der Therapeuten muss auf Sprachmittler zurückgegriffen werden.
Die Anzahl der professionellen Ärzte und Ärztinnen sowie Therapeutinnen und
Therapeuten, die sowohl über eine spezifische traumatherapeutische Qualifikation
verfügen als auch muttersprachlich kompetent sind, wird auf Seiten der
Leistungserbringer begrenzt sein. Die Anzahl der Personen minimiert sich noch einmal,
wenn eine Eingrenzung auf die Sprachen und Kulturen vorgenommen werden muss, die
innerhalb der Flüchtlingsgruppen besonders häufig beteiligt sind (z.B. Syrien,
afrikanische Staaten, Kosovo). Hier liegt nur eine überschaubare Deckungsgleichheit mit
den Therapeuten/Therapeutinnen vor, die beim LWL-PsychiatrieVerbund oder auch bei
anderen Leistungserbringern vorliegen und im Regelfall aus anderen Sprach- und
Kulturbereichen stammen (z.B. Türkei, Polen, Griechenland, insgesamt süd- und
osteuropäischer Raum).
3. Der LWL-PsychiatrieVerbund hat anhand einer inhaltlichen Kriterienliste überprüft, an
welchen Standorten er leer stehende Gebäude den entsprechenden Kommunen zur
vorübergehenden Nutzung als Flüchtlingsunterkünfte anbieten kann. Die Ergebnisse
dieser Überprüfung sind der Anlage zu entnehmen.
LWL-Kulturabteilung
Aus Sicht der LWL-Kulturabteilung wären interkulturelle Angebote eine sinnvolle ergänzende
Maßnahme bei der Betreuung von Flüchtlingsfamilien. Erfahrungsgemäß ist Kultur ein
wichtiger Aspekt der Integration und der Beschäftigung mit der neuen Umgebung. Die
Flüchtlinge können im Rahmen von kulturellen Angeboten aber auch ihren eigenen
kulturellen Hintergrund und ihr Wissen einbringen. Dieser Gedanke des Austausches und
des Miteinanders sollte bei den Planungen beachtet werden. Außerdem könnten die
Museumsangebote insbesondere den Flüchtlingskindern helfen, die erlebten Schrecken zu
verarbeiten.
Die LWL-Museen haben ein breites Angebot an museumspädagogischen Programmen.
Diese können dazu beitragen, die Flüchtlinge mit der neuen Umgebung vertraut zu machen.
Dazu müssten allerdings entweder bestehende Angebote entsprechend angepasst oder
neue und auf die speziellen Bedürfnisse abgestellte Programme entwickelt werden.
Bevorzugt werden sollten Formate, bei denen ein hoher Anteil des direkten, händischen
Mitmachens enthalten ist. Die Entwicklung eines neuen Formats ist mit ca. 1.000 € zu
veranschlagen. Einen wichtigen Aspekt stellt die Sprache dar. Hier werden zusätzliche
Kosten für eine Übersetzerin bzw. einen Übersetzer oder im Idealfall eine Person mit
museumspädagogischer Ausbildung, die die jeweilige Muttersprache der Teilnehmerinnen
und Teilnehmer beherrscht, anfallen.
Erfahrungen mit vergleichbaren Angeboten aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass es,
selbst im Rahmen kultureller Angebote, spontan zu psychischen Krisen kommen kann, da
die Kinder oft schwer traumatisiert sind. Es wäre deshalb von Vorteil, wenn sichergestellt
würde, dass eine psychologische Begleitung zur Verfügung steht, die fachgerecht
intervenieren kann. Eine solche Intervention kann von den Museumspädagogen nicht
geleistet werden.
Um einen nachhaltigen Effekt zu erzielen, bietet gegenüber einem einzelnen
Museumsbesuch bzw. einem einzelnen Programmangebot eine Serie von Besuchen bzw.
Mitmachprogrammen Vorteile, damit über diese Kontinuität für die Flüchtlingskinder ein
Vertrauensraum entsteht, in dem sie sich sicher fühlen.
Noch geklärt werden müsste, je nach Verteilung der Flüchtlinge in der Region Westfalen-
Lippe, welche Museen seitens des LWL ein entsprechendes Angebot anbieten sollten.
Soweit Unterbringungsmöglichkeiten in Städten vorgesehen sind, in denen es ein LWLMuseum
gibt, ist die Erreichbarkeit unproblematisch. Allerdings sollte stets eine Begleitung
angeboten werden. Wenn Häuser einbezogen werden sollen, die nicht unmittelbar zu
erreichen sind, müssen entsprechende Transporte, ebenfalls mit Begleitung, organisiert
werden, die die Flüchtlinge zum Museum bringen und sie dort auch wieder abholen. Die
Museen sollten jedoch nicht zu weit entfernt liegen.
Ergänzend könnte das Projekt „MuseobilBox“ genutzt werden. Dabei handelt es sich um ein
Projekt des Bundesverbandes Museumspädagogik e.V. (BVMP) im Rahmen des
Förderprogramms „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für
Bildung und Forschung in den Jahren 2013 bis 2017, bei dem Kinder und Jugendliche ihr
eigenes kleines Museum in einer mobilen Box, kurz MuseobilBOX, gestalten. Es handelt sich
um eine 40 Zentimeter hohe und ebenso breite weiße Box aus stabilem Karton mit einer
transparenten Seite, so dass die Betrachter hineinschauen können. Am Beginn der Projekte
steht die Reise durchs Museum. Die Kinder und Jugendlichen besuchen die Ausstellung,
lernen Objekte kennen und erfahren, welche Aufgaben ein Museum hat. Im Anschluss
denken sie darüber nach, welche Dinge sie selber für die Menschen in der Zukunft
aufbewahren und in einem Museum präsentieren würden. Wie Museumsdirektoren
sammeln, erforschen und archivieren sie ihre persönlichen Gegenstände. Mit Farben,
Scheren, Kleber, Ton, Metall, Fundstücken oder mitgebrachten Lieblingssachen gestaltet
jedes Kind in seiner MuseobilBOX ein kleines Museum. Für das Projekt stehen Fördergelder
zur Verfügung. Gefördert werden auf Konzeptbasis außerschulische Maßnahmen kultureller
Bildung von lokalen Bündnissen, die aus mindestens drei Partnern bestehen. Museen
können sich zusammen mit zwei weiteren lokalen Partnern, die Zugang zur Zielgruppe
haben und sozialräumlich verankert sind, mit Ihren Ideen auf das Konzept der
„MuseobilBOX“ beim BVMP bewerben. Das LWL-Industriemuseum hat damit bereits
Erfahrungen gesammelt und könnte bei der Antragstellung beraten.