Auskunfts- und Informationsrechten
10. Nov. 2000
Neue Klage der LWL-GRÜNEN zu Auskunfts- und Informationsrechten
Neue Klage der LWL-GRÜNEN zu Auskunfts- und Informationsrechten
Nachdem eine Mehrheit von CDU und SPD in der Landschaftsversammlung im November 2000 unseren Antrag auf Auskunfts- und Informationsrechte aus den Aufsichtsgremien der LWL-Beteiligungsgesellschaften abgelehnt hatte, haben wir Mitte Dezember über unseren Anwalt Prof. Dr. Stüer aus Münster erneut eine Klage beim Verwaltungsgericht Münster eingereicht.
Die erste Klage aus dem Jahr 1994 (!) war im Mai 2000 (!) aus formalen Gründen als unzulässig abgewiesen worden – eine Entscheidung in der Sache erfolgte nicht. Mit der nun eingereichten Klage werden inhaltlich weitgehend die selben Ziele angestrebt, nämlich mehr Transparenz in die Vertretung des Landschaftsverbandes in den Aufsichtsgremien seiner Beteiligungsgesellschaften zu bringen. Das bedeutet:
- Informationen auch für die Fraktionen, die in diesen Gremien nicht vertreten sind,
- Auskunftsrechte für Fraktionen und Ausschußmitglieder
- und letztlich die Möglichkeit, Weisungsrechte gegenüber den VertreterInnen in den Beteiligungsgesellschaften wahrnehmen zu können.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Klage dokumentieren wir den Text im folgenden vollständig. Sobald das Verwaltungsgericht eine Entscheidung getroffen hat, werden wir auch die veröffentlichen.
Klage
- Dipl.-Psychologe Heinz Entfellner, Schöttmarsche Straße 20 a in 33818 Leopoldshöhe, in seiner Eigenschaft als Mitglied des Landschaftsausschusses und der Landschaftsversammlung,
- Lehrerin Monika Steinheuser, Theodor Eschstraße 9 in 45659 Recklinghausen als Stellvertretendes Mitglied des Landschaftsausschusses und der Landschaftsversammlung,
- Geschäftsführer Detlev Paul, Osterholtweg 6 in 58644 Iserlohn als Mitglied des Kommunalwirtschaftsaufsschusses und der Landschaftsversammlung,
- Volkswirt Axel Boldt, Am Solbach 16 in 59078 Siegen als Stellvertretendes Mitglied des Kommunalwirtschaftausschusses,
- der Fraktion Die Grünen in der Landschaftsversammlung beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe, vertreten durch den Fraktionsvorsitzenden Heinz Entfellner, Freiherr-vom-Stein-Platz 1 in 48133 Münster
– Kläger –
g e g e n
- die Landschaftsversammlung beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe, vertreten durch den Vorsitzenden, Freiherr-vom-Stein-Platz 1 in 48133 Münster,
- den Landschaftsausschuss des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, vertreten durch den Vorsitzenden, Freiherr-vom-Stein-Platz 1 in 48133 Münster,
- den Kommunalwirtschaftsausschuss des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, vertreten durch den Vorsitzenden, Freiherr-vom-Stein-Platz 1 in 48133 Münster,
– Beklagter –
wegen: Informations-, Auskunfts- und Weisungsrechten der Gremien des Landschaftsverbandes
Namens und kraft Vollmacht der Kläger erheben wir Klage und beantragen,
festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, die mit Antrag vom 11.10.2000 (Drs. 11/0471) beantragten Informations- und Auskunftsrechte einzufordern und seine Weisungsrechte entsprechend wahrzunehmen.
Zur Begründung wird folgendes ausgeführt:
Die Kläger sind Mitglieder verschiedener Gremien des Landschaftsverbandes. Die Klägerin zu 5) ist Fraktion in der Landschaftsversammlung beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe. Die Klage ist auf die Feststellung gerichtet, dass die Beklagten verpflichtet sind, entsprechende Auskünfte zu erteilen und ihre Weisungsrechte gegenüber den Vertretern in Drittorganisationen entsprechend wahrzunehmen. Der Klage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Bereits mit Antrag vom 6.5.1993 begehrte die Klägerin zu 5) vom Landschaftsausschuss umfassende Information und Auskünfte über die Arbeit von Vertretern des Landschaftsverbandes in Drittorganisationen, die gem. § 17 III LVerbO vom Landschaftsausschuss bestellt und vorgeschlagen werden. Die Informationen und Auskünfte sollten sich auch gem. § 17 IV LVerbO auf Mitglieder des Vorstandes, Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Organs beziehen, für die dem Landschaftsverband ein Bestellungs- und Vorschlagsrecht eingeräumt ist. Außerdem beantragte die Klägerin zu 5, der Landschaftsausschuss möge seine ihm zustehenden Weisungsrechte vor allem im Hinblick auf die Erteilung von Informationen gegenüber den Vertretern in Drittorganisationen ausüben. So wurde etwa der Beschluss beantragt, dass die nach § 17 IV LVerbO bestellten oder vorgeschlagenen Mitglieder in Drittorganisationen die Tagesordnung dieser Gremien vorlegen, alle Sitzungsunterlagen sowie nach den Sitzungen die Protokolle dieser Gremien vorlegen, dem Landschaftsausschuss gegebenenfalls auf Antrag eines Fünftels der Mitglieder des Landschaftsausschusses oder einer Fraktion über die Beratungen und Beschlüsse dieser Gremien berichten und dazu eine Aussprache stattfindet. Auch sollte der Landschaftsausschuss nach dem Antrag jeweils vor den Sitzungen der in § 17 III LVerbO genannten Organe, Beiräte und Ausschüsse der Beteiligungsgesellschaften deren Tagesordnungen beraten und dabei die inhaltliche Position des Landschaftsverbandes Westfalen festlegen. Dieselben Unterrichtungspflichten sollten nach dem Antrag den Mitgliedern des Vorstandes, des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Organs auferlegt werden, für die der Landschaftsverband ein Bestellungs- oder Vorschlagsrecht hat (§ 17 IV LVerbO). Zur Begründung nahm die Klägerin zu 5) auf ein vom Unterzeichneten erstelltes Rechtsgutachten Bezug. Der Landschaftsausschuss lehnte die Anträge jedoch ab.
Auch eine vom Kläger zu 5) erhobene Feststellungsklage vor dem VG Münster blieb ohne Erfolg. Das VG Münster (1 K 4512/94) wies die Klage der Klägerin zu 5) als unzulässig mit der Begründung ab, dass die geltend gemachten Informations- und Auskunftsrechte nur den jeweiligen Gremienmitgliedern, nicht jedoch der Klägerin zu 5) als Fraktion in der Landschaftsversammlung zustehen könnten. Es könne dabei unterstellt werden, dass dem beklagten Landschaftsausschuss entsprechende Informations- und Weisungsrechte gegenüber den in die Gremien von Beteiligungsgesellschaften entsandten Vertretern des LWL zustehen. Diese Kompetenzen seien jedoch – sofern und soweit sie vom Organ „Landschaftsausschuss“ geltend gemacht werden sollen, allein dem Landschaftsausschuss vorbehalten. Ihre Einforderung könne daher grundsätzlich auch nur durch dessen Mitglieder erfolgen, nicht aber durch Mitglieder eines anderen Organs (hier einer Fraktion in der Landschaftsversammlung). Ob etwa ein anderes Organ der Vertretungskörperschaft berechtigt wäre, vom Landschaftsausschuss die begehrten Informations- und Weisungsrechte zu fordern, könne auf sich beruhen. Denn die Klägerin zu 5) könne, da sie lediglich Teil des körperschaftlichen Vertretungsorgans „Landschaftsversammlung“ sei, nicht Kompetenzen, die diesem Organ selbst zustünden und von denen das Organ keinen Gebrauch mache, im Klagewege verfolgen.
In der Folgezeit stellten die Kläger unter Berücksichtigung der Ausführungen des VG Münster erneut entsprechende Anträge, die jedoch vom Kommunalwirtschaftsausschuss mit Beschluss vom 31.10.2000, vom Landschaftsausschuss und der Landschaftsversammlung mit Beschlüssen vom 23.11.2000 abgelehnt wurden. Zur Begründung wurde unter Verweis auf frühere Ausführungen dargelegt, dass der Landschaftsausschuss und der Kommunalwirtschaftsausschuss gem. § 23 II LVerbO i.V.m. § 113 GO NRW Auskunftsrechte gegenüber den Vertretern des Landschaftsverbandes in den Gremien der Beteiligungsunternehmen habe. Strittig sei aus der Sicht der Klägerin zu 4, ob es ausreiche, dass die Verwaltung die zuständigen Gremien des Landschaftsverbandes über alle wichtigen Angelegenheiten der Beteiligungsunternehmen von sich aus informiere und notwendige Beschlussfassungen vorbereite. Der Direktor des Landschaftsverbandes vertrat dabei die Auffassung, dass die von ihm an die Gremien gegebenen Informationen ausreichend seien. Eine weitergehende Information könne im Einzelfall auch gegen gesellschaftsrechtliche Regelungen verstoßen. Außerdem hätten die genannten Gremien weitergehende Informationen mehrheitlich abgelehnt.
Die Klage ist darauf gerichtet, die Mitwirkungsrechte der Kläger in den Gremien des Landschaftsverbandes sicherzustellen. Zur Wahrnehmung dieser Mitwirkungsrechte sind entsprechende Informationsrechte als wesentliche Grundlage der Mitwirkung unverzichtbar. Die Kläger haben einen Rechtsanspruch darauf, dass ihnen die begehrten Informationen und Berichte gegeben werden. Zur näheren Darstellung der Rechtslage aus diesseitiger Sicht dürfen wir auf das vom Unterzeichneten erstattete Rechtsgutachten „Zur Frage, welche Informations- und Auskunftsrechte die Fraktionen bzw. Fachausschüsse der Landschaftsversammlung hinsichtlich der Tätigkeit gewählter Mitglieder in Aufsichtsgremien von Beteiligungsgesellschaften haben“ verweisen. Der Unterzeichnete hat darin im einzelnen dargelegt, dass vor allem der Landschaftsausschuss auf Grund von § 17 LVerbO einen Informations- und Auskunftsanspruch hinsichtlich der gewählten bzw. entsandten Mitglieder in Beteiligungsgesellschaften hat. Diese Informations-. Und Aufsichtsrechte bestehen nicht nur gegenüber den nach § 17 III LVerbO in die Beteiligungsgesellschaften entsandten Mitglieder, sondern ergeben sich auch gegenüber den Mitgliedern des Vorstandes, des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Organs, die nach § 17 IV LVerbO durch den Landschaftsausschuss bestellt oder vorgeschlagen werden. Eine solche Auslegung verstößt auch nicht gegen gesellschaftsrechtliche Grundsätze, wie ebenfalls in dem Rechtgutachten im einzelnen dargelegt worden ist.
Die Informations- und Auskunftsrechte bestehen nicht nur gegenüber den verschiedenen Gremien des Landschaftsverbandes, sondern auch gegenüber den Klägern als Mitglieder dieser Gremien. Haben die Gremien – wie im Gutachten im einzelnen dargelegt – Informations- und Auskunftsrechte, so müssen auch die Mitglieder dieser Gremien sowie die Fraktionen in der Landschaftsversammlung über solche Informationen und Auskünfte verfügen. Denn die Wahrnehmung der kommunalen Mandate und vor allem die erforderliche wirksame Kontrollarbeit in den kommunalen Gremien ist nur möglich, wenn den einzelnen Gremienmitgliedern die erforderlichen Informationen und Auskünfte erteilt werden. Anderenfalls liegen die Kontrollmöglichkeiten der kommunalen Gremien leer.
Da die klagenden Mitglieder bzw. stellvertretenden Mitglieder des Landschafts- sowie des Kommunalwirtschaftsausschusses wie auch ihre Fraktionen – anders als die größeren Fraktionen in der Landschaftsversammlung – nicht in den Aufsichtsgremien der LWL-Beteiligungsgesellschaften vertreten sind, besteht tatsächlich ein unterschiedliches Informationsniveau. Nur wenn entsprechende Auskünfte aus den Beteiligungsgesellschaften erteilt bzw. die beantragten Informationen gegeben werden, kann dieses ungleiche Informationsniveau angeglichen und eine gleichberechtigte Teilnahme an den Beratungen und Entscheidungen sicher gestellt werden. Die einschlägigen Vorschriften der LVerbO bestimmen so gesehen nicht nur die Rechte der jeweiligen Gremien des Landschaftsverbandes, sondern umschreiben zugleich die Mitwirkungsrechte der einzelnen Gremienmitglieder. Insoweit werden in den gesetzlichen Regelungen zugleich die Rechte der einzelnen Gremienmitglieder gesichert und klagefähig ausgestaltet. Diese Mitgliedschafts- und Mitwirkungsrechte in den Gremien des Landschaftsverbandes können auch durch Mehrheitsentscheidungen nicht geschmälert werden.
Wir regen an, die Akten des Verfahrens – 1 K 4512/94 – beizuziehen.
(Prof. Dr. Bernhard Stüer)
Rechtsanwalt