Resolution Bundesteilhabegeld
10. Mär. 2005
2005-03-10 Rede zur Resolution „Bundesteilhabegeld“ in der Landschaftsversammlung
Gertrud Meyer zum Alten Borgloh
Rede zur Resolution „Bundesteilhabegeld“ in der Landschaftsversammlung 10.03.2005
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
die Eingliederungshilfe im alten BSHG ging bei Verabschiedung des Gesetzes 1962 davon aus, dass es sich bei einer Behinderung um eine besondere Lebenslage handelt. Sie sollte nur nachrangig gewährt werden, um ein würdiges Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen.
Damals war offensichtlich nicht damit zu rechnen, dass die Anzahl der Menschen, die von einer Behinderung betroffen sind, so immens steigen würde.
Angesichts dieser Zahlen passt die Eingliederungshilfe nicht mehr in BSHG (heute SGB XII) als Ausnahmetatbestand. Es muss vielmehr eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden, die im Sinne eines Leistungsgesetzes den Menschen mit Behinderung eine sichere Grundlage ihres Lebens gewährt.
Seit Jahren fordern Bündnis 90/Die Grünen dieses Leistungsgesetz. Nun endlich scheint sich die Einsicht langsam Bahn zu brechen, dass der Bund um eine solche Regelung nicht herumkommt.
Der Deutsche Verein hat unter Federführung des Landesdirektors eine Konzeption vorgelegt, die allerdings nur einen Grundausgleich für die besonderen Belastungen bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft darstellt. Ihnen, Herr Schäfer und Herr Dr. Baur sei an dieser Stelle unser ganz besonderer Dank ausgesprochen.
Von einem Leistungsgesetz kann dabei aber noch nicht gesprochen werden. Die vorliegende Empfehlung stößt dennoch auf unsere ausdrückliche Zustimmung.
Sie ermöglicht Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmteres und würdigeres Leben als bisher. Bürokratische Hürden würden abgebaut und die Bittstellerrolle könnte von den Betroffenen zumindest in Teilbereichen abgelegt werden.
Wir verstehen die Einführung eines Bundesteilhabegeldes als Einstieg in ein Leistungsgesetz, das dann auch die Sicherung des Lebensunterhalts der Menschen mit Behinderung sichern würde.
Der Deutsche Verein hat dankenswerterweise auch einen Finanzierungsvorschlag gemacht. Durch den Wegfall des Kindergeldes nach Vollendung des 27. Lebensjahres für Menschen mit Behinderung und die frei werdenden Mittel in der Kriegsopferfürsorge wäre das neue Teilhabegeld für den Bund kostenneutral.
Wir begrüßen und unterstützen deshalb die vorliegende Resolution.
Mit diesem Appell Richtung Bund ist es aber sicherlich nicht getan.
Ohne dass dieses Anliegen immer wieder fachlich fundiert transportiert wird Richtung Berlin, wird sich nicht viel tun. Deshalb mein Appell an Sie, meine Damen und Herren: Nutzen Sie jede Chance bei öffentlichen und nichtöffentlichen Zusammentreffen mit Vertretern des Bundes, um das Anliegen, um das es hier geht, zu verdeutlichen. Das wird Erfolge zeitigen.
Seit Jahren stehen wir Grünen Abgeordneten im LWL in engem Kontakt mit Berlin und der Bundestagsfraktion und informieren unsere Leute über die Problematik – aus fachlicher und aus fiskalischer Sicht. Heute haben sich die Grünen im Bundestag bereits positiv zum Bundesteilhabegeld geäußert.
Und noch etwas in diesem Zusammenhang:
Schon bei der Debatte um die Zuständigkeitsverlagerung für das ambulant betreute Wohnen von den Kreisen und kreisfreien Städten auf die Landschaftsverbände hat sich der LWL nicht gerade mit Ruhm bekleckert, als es darum ging, seine Position zur Verlagerung deutlich zu machen.
Wir bekamen wiederholt die Rückmeldung aus dem Landtag, dass man entsetzt darüber war, dass die Landschaftsverbände lediglich die finanzielle Seite des Problems beleuchtet hatten.
Um ehrlich zu sein, das befürchten wir in diesem Zusammenhang wieder.
So wie Sie die Problematik der Eingliederungshilfe in den vergangenen Debatten – und besonders in den Haushaltsdebatten – behandelt haben, darf das nicht bei der Durchsetzung des Bundesteilhabegeldes geschehen. Sie betrachten die fachlichen Aspekte kaum oder gar nicht, der finanzielle Blickwinkel steht bei Ihnen momentan absolut im Vordergrund.
Welche Interessen haben wir hier in diesem Parlament zu vertreten?
Die Interessen der Gebietskörperschaften sicherlich. Unsere Verbandsinteressen z. B. in Sachen Kultur auch. Und wie sieht es aus mit unserem Interesse als überörtlichem Sozialhilfeträger bezüglich der Eingliederungshilfe?
Mein Verständnis von Politik hier an diesem Ort sieht nicht nur die Interessen unseres Verbandes als Kostenträger, sondern auch die Belange und das Wohlergehen der Menschen, für die wir verantwortlich sind, für ein selbständiges und würdiges Leben für Menschen mit Behinderungen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.