Rede von Martina Müller zum RWE-Aktienverkauf im Landschaftsausschuss vom 12.7.2019

Der Fraktionsvorsitzende der SPD begann gestern seine Begründung für den CDU/SPD-Antrag mit dem Satz: „Was lange währt, wird endlich gut.“

Richtig daran ist: Es hat lange gedauert, bis wir erfahren haben, was die Mehrheitsfraktionen in der Landschaftsversammlung zur Vorlage 14/1927 „Verkauf der RWE-Aktien“ sagen würden.

Vom 15. Mai bis vorgestern herrschte Schweigen. Immerhin hatte der SPD Verwaltungschef, unser aller Landesdirektor, sicher in Absprache mit dem Kämmerer einen Vorschlag unterbreitet, 75 % der Aktien zu verkaufen, weil unter finanzwirtschaftlichen Gesichtspunkten der RWE-Aktienbestand ein Klumpenrisiko darstellt.

Und wenn sich dann einer aus Ihrer Fraktion, meine Damen und Herren der CDU, hinstellt, wie Herr Dr. Zwicker gestern in der Lokalzeit Münster – und sagt, mit keinem anderen Invest könne man 3 % Dividende erzielen – dann frage ich Sie: Warum investieren Sie dann nicht gleich in Aktien von Waffenherstellern oder Amazon. Da haben Sie noch mehr Rendite.

Ganz abgesehen davon, dass die Aussage über eine hohe Dividendenrendite auch nicht stimmt! Sie haben sicher die Vorlage nicht gelesen, denn da steht, ich zitiere: „Wenn man das mit der Beteiligung verbundene unternehmerische Risiko berücksichtigt, relativiert sich die vermeintlich hohe Dividendenrendite der RWE AG deutlich. Im Vergleich der DAX-Unternehmen ist die Dividendenrendite der RWE AG nicht überdurchschnittlich hoch“. Und die Abbildung 1 bezweifeln Sie doch sicher nicht.

Sie verdrängen auch permanent, wie viel Geld wir in der Vergangenheit bereits verbrannt haben. Durch Entschädigungen für den Braunkohleausstieg und auch Entschädigungen für die Abschaltung von Steinkohlekraftwerken kann der Kurs z. Zt. kurzfristig relativ stabil auf niedrigem Niveau bleiben. Aber Sie haben doch erlebt, dass nur eine Nachricht (Stichwort: Gerichtsentscheid Hambacher Forst) den Kurs zum Einstürzen brachte.

Was die Zukunft für RWE bringt, weiß niemand. RWE als einer der größten CO2-Emittenten in Europa und damit maßgeblicher Mitverursacher des Klimawandels, der den gesamten Braunkohleabbau im Rheinischen Revier sowie zahlreiche, teils besonders alte und dreckige Braunkohlekraftwerke betreibt, will trotz Beschlusses zum Ausstieg aus der Kohle und wider jeder Vernunft weitere Dörfer umsiedeln und baggert bis an die Baumwurzeln des Hambacher Waldes. Nebenbei sorgt RWE mit seinen abgeschriebenen Dreckschleudern dafür, dass saubere Gaskraftwerke vom Netz gehen müssen, weil sie nicht rentabel dagegen sein können. Durch die Unterstützung von RWE schaden Sie so die Kommunen.

Anfang Juli hat auch die Städteregion Aachen ein vollständiges Divestment beschlossen. Die Zahl der Städte, Kreise, Versicherungen (Allianz, Axa, Generali), Kirchen, Staatsfonds, Rentenfonds, Universitäten, Privatpersonen und viele mehr werfen RWE und andere Mitverursacher des Klimawandels inzwischen aus ihrem Anlageportfolio, weil…

Ich zitiere aus dem Handelsblatt vom 12.06.2019 „… weil sie Kohleförderstätten besitzen, die für Investoren Verluste verursachen.“

Denken die alle unwirtschaftlich? Nur Sie als verantwortliche Politikerinnen und Politiker im LWL – Sie handeln verantwortungsbewusst? Sie haben schon einmal daneben gelegen und Vermögen verspielt – Stichwort West LB!

RWE muss spüren, dass Klima- und Umweltzerstörung von den Menschen nicht mehr hingenommen werden – und sowas merkt ein Konzern nur am Geld. Das Argument, es werden dann andere die Aktie kaufen, ist falsch. Am 13.06.2019 schreibt die Presse, dass RWE wieder unruhigen Zeiten entgegengehen könne, weil der norwegische Pensionsfonds RWE-Aktien abstoßen werde. Damit verlöre der Energiekonzern den viertgrößten Einzelaktionär (nach Dortmund, Essen und Blackrock). Wenn ein Verkauf so unbedeutend wäre, weil ja andere aufkaufen würden, wäre das keine Schlagzeile wert.

Auch die Kommunale Familie ist ein großer Aktionär und der LWL dabei ein Vorbild. Ein Verkauf hätte Signalwirkung gehabt.

Was für ein jämmerliches Bild geben Sie als SPD-Fraktion ab. Ich sagte es gestern schon. Sie lassen bei einer der wichtigsten Fragen in der Amtszeit Ihres, unseres Verwaltungschefs den Landesdirektor im Regen stehen. 75 % Verkauf von RWE hatte er empfohlen. Mit gutem Grund – wie ich oben ausgeführt habe, aus Verantwortung für die Finanzen unseres Verbandes. Sie schaden dem Ruf des Landschaftsverbandes, des Landesdirektors, über den Ruf der SPD werden die Wähler*innen entscheiden. Sie entscheiden nicht inhaltlich, sondern aus reinem Machtkalkül, um es nicht zum Bruch mit ihrem Partner CDU kommen zu lassen.

Wir GRÜNE fordern den 100-prozentigen Verkauf der RWE-Aktien. Sie setzen 25 % dagegen, als ob 50 % in der WLV kein Klumpenrisiko mehr darstellen würde.

Weitere 25 % wollen Sie in die Kulturstiftung als Aktienpaket geben. Wie abenteuerlich ist das denn? Die Kulturstiftung gGmbH darf nach ihren Anlagenrichtlinien 40% Aktienbesitz haben. Die Frage sollte gestellt werden, ob sie dann andere Aktien verkaufen muss. Vielleicht müssen auch die Anlagerichtlinien neu beschlossen werden. All das wird nicht in dem Antrag erwähnt. Haben Sie nicht daran gedacht?

Nebenbei möchte ich hier bemerken, dass der CDU/SPD-Antrag nicht einmal 24 Stunden vor dem Finanzausschuss eingegangen ist. Eine Rücksprache mit der Fraktion wäre gar nicht möglich gewesen. Wieder einmal herrscht die Mehrheit hier im Haus nach dem Motto: Undemokratisch, intransparent und nach Gutsherrenart.

Immerhin sprechen wir von 36 Mio. €., die wir in der Kultur ausgegeben werden sollen, ohne Debatte in irgendeinem Ausschuss. Wir wollten eine inhaltliche Beratung über die Verwendung und nachhaltige Anlagen nach ethischen und ökologischen Kriterien. Sie legen die Verwendung einfach fest!

Soviel Respekt haben Sie vor politischen Gremien.

Bis vorgestern hatte ich zudem die Hoffnung, die Politik im LWL könnte einen echten Paradigmenwechsel in seiner Klimapolitik hinbekommen. Wir werden gleich einen gemeinsamen Antrag zum Klimawandel verabschieden, meine Damen und Herren von CDU und SPD. Meinen Sie dabei könnten Finanzanlagen außen vor bleiben? Ich bin gespannt auf die Vorlage, in der die Verwaltung uns ein Verfahren zur Einschätzung der Klimafolgen zeitnah vorstellen muss. Und wenn wir ein Verfahren haben, werden dann die Auswirkungen des RWE-Beschlusses auf den Klimawandel zu bewerten sein. Ich bin mir sicher, die Antwort ist verheerend.

„Was lange währt, wird endlich gut.“, Herr Sternbacher.

Nur ein Verkauf von allen RWE-Aktien bedeutet eine verantwortbare, risikoarme und langfristige Sicherung kommunalen Vermögens und wäre ein wichtiger Schritt zur Einhaltung unserer Klimaziele und nur solch ein Beschluss wäre gut.

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