Haushalt 2001 Umwelt
19. Okt. 2001
Teilrede "Umwelt" zum Haushalt 2001
Martina Müller
Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Teilrede „Umwelt“ zum Haushalt 2001
– Es gilt das gesprochene Wort –
„Wir sind die Besten im Umweltschutz in Nordrhein-Westfalen,“
so jubelte – sehr geehrter Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren –
unser Landesdirektor Wolfgang Schäfer anlässlich der Verleihung des 1. Preises im Landeswettbewerb 2000 „Öffentlichkeitsarbeit für eine nachhaltige Entwicklung in NRW“ für die beste Gestaltung unserer Umweltschutz-Plakatserie auf der Personalversammlung im Dezember 2000.
Ich freue mich ja mit Ihnen, dass wir gute Designer im Haus haben, aber wie sieht es mit der tatsächlichen Aufgabenwahrnehmung der ökologisch notwendigen Maßnahmen aus?
„…Das eigenständige Kanalnetz (ohne die Hausanschlüsse) ist wesentlicher älter als 50 Jahre und – wie sich in einer Kanalbestandsaufnahme herausgestellt hat – an zahlreichen Stellen defekt, so dass eine Grundwassergefährdung nicht ausgeschlossen werden kann. Es besteht dringender Handlungsbedarf, um die Anforderungen der Süwkan zu erfüllen und den strafrechtlichen Haftungsfall auszuschließen.“
Das ist ein Zitat, das die derzeitige Situation der Kanalisation der Westfälischen Klinik in Gütersloh beschreibt.
„Wir sind die Besten im Umweltschutz in Nordrhein-Westfalen?“
Blicken wir zurück im Zorn: Auf Anfrage der Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen “ vom 29.8.1995 nach dem Zustand der Kanalisation in den einzelnen Kliniken wurde erläutert, dass für lediglich 2 Klinikstandorte eine schnellstmögliche Sanierung erforderlich sei. Wir wissen: Lengerich ist in diesem Jahr dabei, die Sanierung abzuschließen – und Eickelborn als zweiter 1995 genannter Standort? Hier ist lediglich im Bereich der Forensik etwas geschehen. Da gab es ja auch Landesmittel. Für alle übrigen Klinikstandorte lagen damals keine Untersuchungsergebnisse vor. In der Verwaltungsvorlage erdreistete man sich aber zu folgender Aussage:
Einfache Inspektionen im Rahmen der Bauunterhaltung erbrachten keine aktuellen konkreten Schadenserkenntnisse.
Ein folgenschwerer Irrtum.
Erst als gesetzlich am 1.1.1996 die flächendeckende Untersuchung aller Liegenschaften über 3 ha vorgeschrieben wurde, machte man sich auch in unserem Verband daran, die Notwendigkeit einzusehen.
Kleine Notiz am Rande: Die Untersuchungsergebnisse für die Hans-Prinzhorn-Klinik in Hemer werden erst in diesen Tagen – also 5 Jahre nach Inkraftreten des Gesetzes – erwartet.
Der oben zitierte Zustand der Kanalisation in Gütersloh ist dagegen schon seit dem 25.08.1998 bekannt und wenn man hier von zahlreichen defekten Stellen spricht, muss man wissen, dass 75 % des Kanalnetzes die Schadensklassen aufweisen, die sofort bzw. kurzfristig zu sanieren gewesen wären.
Fast 3 Jahre nach Bekanntwerden der dramatischen Situation bewegen sich Verwaltung und Politik am „Rande des strafrechtlichen Haftungsfalls“. Tatsache ist, in Gütersloh, Eickelborn und Benninghausen wird seit Jahren das Grundwasser durch austretendes Abwasser verschmutzt. Bewegen wir uns am Rande des strafrechtlichen Haftungsfalls?
Nehmen wir unsere Verantwortung als PolikerInnen ernst. Warten wir nicht auf mögliche Fördermittel aus der Krankenhausfinanzierung, die – ohnehin nur aus Kontingentmitteln – am Ende des Jahres erfahrungsgemäß wieder nicht kommen. Die Finanzierung über Darlehn darf nur da erfolgen, wo sie keinen Zielkonflikt zwischen Investionen im Umweltbereich und Investionen in dem eigentlichen Aufgabenbereich auslöst.
Handeln Sie sofort, stellen Sie den Kliniken das Geld zur Sanierung zur Verfügung, stimmen Sie dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu.
„Wir sind die Besten im Umweltschutz in Nordrhein-Westfalen?“
Im Energiebereich, meine Damen und Herren, erinnern wir uns schwach an die
Verpflichtung, 25% CO2 bis 2005 einzusparen. Der kürzlich veröffentlichte vorläufige Bericht des UN Wissenschaftsrates zur Klimaveränderung sagt für das 21. Jahrhundert eine dramatische Erhöhung der Erderwärmung mit allen Ihnen bekannten Konsequenzen voraus. Wollen wir tatsächlich die globale Erwärmung noch stoppen, müssen die Industrieländer bis 2050 80% CO2 reduzieren. Vor diesem Hintergrund muss uns jede mögliche Anstrengung recht sein. Sätze wie „Die bei der Baubeschlussfassung vorgesehene Einbindung von BHKW-Anlagen (gemeint ist für die Standorte Hemer, Paderborn und Lippstadt) muss z.Zt. aufgrund der aktuellen Strompreise zurückgestellt werden.“ zeigen, dass Sie unsere Verantwortung für das Klimaschutzziel nicht ernst nehmen. 1329 t / CO2 wären mit diesen Anlagen an den 3 Standorten pro Jahr einzusparen.
Sie, meine Damen und Herren, haben eine Erhöhung der Intractingmittel abgelehnt!
„Wir sind die Besten im Umweltschutz in Nordrhein-Westfalen?“
Die absolute Offenbarung, wie wichtig dem Verband, und hier insbesondere auch dem Landesdirektor der Umweltschutz ist, zeigt sich an seiner Reaktion auf die plumpe Aufforderung der CDU in seinem Verantwortungsbereich eine Stelle einzusparen. Ihm fällt nichts besseres ein, als die ohnehin viel zu knapp ausgestattete Koordinationsstelle für Umweltschutz noch um ½ Personalstelle zu kürzen. Meine Damen und Herren, verhindern Sie dies! Die Chance, Prozesse der Agenda 21 in Gang zu setzten, rückt sonst in weite Ferne.
„Wir sind die Besten im Umweltschutz in Nordrhein-Westfalen?“
Merke: Schöne Plakate zu erstellen ist das eine, tatsächlich Geld in ökologische Maßnahmen zu investieren, Verantwortung für unsere Umwelt zu übernehmen statt einen populistischen Umlagesenkungsbasar zu eröffnen, ist das andere.