Haushaltsrede Kultur 2001
15. Feb. 2001
Haushaltsrede 2001 Kultur zur Landschaftsversammlung am 15.2.01
Monika Steinheuser
Bündnis 90/DIE GRÜNEN
Haushaltsrede Kultur zur Landschaftsversammlung am 15.2.01
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
meine Damen und Herren,
der „neue“ Stil der CDU, der sich seit Beginn der Wahlperiode abzeichnete, hat in diesem Jahr auch den Kulturausschuss erreicht. Während in den vergangenen Jahren sich gerade im Kulturbereich in der Regel ein Bestreben aller Fraktionen abzeichnete, die Förderung der Kultur in Westfalen-Lippe zu einem gemeinsamen Anliegen zu machen und der zu findende Konsens der tragende Gedanke aller Diskussionen war, hat sich dies in den letzten Monaten geändert.
Die CDU versucht mit ihrer „absoluten“ Mehrheit hier auch eine absolute Herrschaft zu errichten. Ihre alten Abneigungen gegen einen fortschrittlichen Kulturbegriff, wie die Industriekultur, feiern nun fröhliche Urständ.
Das zeigen zum Beispiel die Personalkürzungen im Industriemuseum: Trotz eines gemeinsamen Beschlusses des Kulturausschusses in der Vergangenheit, die Eröffnungsphase des Westfälischen Industriemuseums nicht zu gefährden, wurden mit einem Federstrich im Personalausschuss,
· ohne vorherige Beratung im Fachausschuss,
· ohne jegliche inhaltliche Argumentation – nicht im Personalausschuss, nicht im Landschaftsausschuss
mit den Stimmen von CDU und SPD 4 notwendige Stellen in diesem Jahr nicht besetzt – im gesamten Kulturbereich waren es 8 Stellen.
Ob die CDU gewillt ist, dies im nächsten Jahr zu tun, bleibt abzuwarten, denn auch für 2002 beschloss sie: Keine Stellenausweitungen!
Damit verlässt die CDU und mit ihr die SPD, die letztendlich immer alles abnickt, den gemeinsamen Konsens. Was hier stattfindet, meine Damen und Herren, ist der Beginn der Demontage des Landschaftsverbandes im Kulturbereich! Was Clement bei der Deform(ierung) der Mittelebene nicht geschafft hat, machen nun Kirsch und seine Leute.
Die Förderung der regionalen Kultur, neben dem Sozial- und Gesundheitsbereich das wichtigste Aushängeschild des Landschaftsverbandes, kann nun mal nicht zum Nulltarif geschehen, bzw. mit 630-DM-Jobs durchgeführt werden.
Wenn wir der Ansicht sind, dass Kultur nicht zum bloßen dekorativen Anhängsel verkommt, dass sie in unserer Region lebt und leben muss, dann müssen wir auch weiterhin bereit sein, das notwendige Geld dafür zur Verfügung zu stellen.
Doch das alles deutete sich schon bei der Diskussion um das Westfälische Kulturkonzept an.
Westfalentümelndes, „Westfälische Leitkultur“, wird scheinbar gern gesehen bei der jetzigen Mehrheit; Förderung von Frauen im Kulturbereich, der Einfluss anderer Kulturen gerade im Ruhrgebiet durch ArbeitsmigrantInnen, die seit dem letzten Jahrhundert in diese Region strömten, wird lieber ignoriert als aufgearbeitet.
Da passt es auch ins Bild, wenn der von der CDU in den Sessel gehievte Kulturdezernent zum Thema „Frauen im Kulturbereich“ lieber gar nicht erst mit unserer Fraktion sprechen möchte.
Dass es auch anders geht, beweist unser Schwesterverband im Rheinland, der sich des Themas an höchster Stelle angenommen hat und wo die im Kulturbereich arbeitenden Frauen inzwischen ein beachtliches Netzwerk aufgebaut haben.
Deshalb forderten wir im Rahmen der Stellenplanberatungen die Einrichtung einer Stelle für eine Koordinatorin für frauenspezifische Kulturarbeit; um diesen sträflich vernachlässigten Bereich endlich weiter voran zu bringen.
Aber: siehe oben! Das ist von dieser Mehrheit nicht gewollt!
Mit der Bereitstellung von Mitteln für den Ankauf zeitgenössischer Kunst wollten die Grünen sicherstellen, dass der Ankaufetat des Museums für Kunst- und Kulturgeschichte nicht nur für Kunst der vergangenen Jahrhunderte bis zur klassischen Moderne verwandt wird – schließlich ist heutige Kunst die Klassische Moderne der nächsten Jahrzehnte. Auch dieser Antrag wurde vom Tisch gewischt.
Und als ob wir es geahnt hätten: Kurz darauf beschloss der Landschaftsausschuss den Ankauf des millionenschweren mittelalterlichen Gemäldes „Maria mit assistierenden Engeln“ mit einem erklecklichen Anteil, den der LWL tragen muss. Und weil die anderen Geldgeber ihre Quellen nicht so schnell öffnen, wird die Gesamtsumme mal eben vorfinanziert, für einen Zinsbetrag, der schon 2/3 unseres Antragsvolumens für zeitgenössische Kunst ausmachte!
Und das alles ohne viel Diskussion – das Bild hat eben seine höheren Weihen.
Meine Damen und Herren, für den Zinsbetrag hätten Sie schon einiges an zeitgenössischer Kunst bekommen können!
Ich fasse zusammen:
· Wir kritisieren die Kürzungen im Kulturbereich.
· Wir kritisieren das zunehmend schwächerwerdende Demokratieverständnis auf Seiten der derzeitigen politischen Mehrheit.
Und wir versprechen Ihnen, wir werden weiterhin den Finger auf jede Ihrer politischen Wunden legen.