Verabschiedung LWL-Haushalt 2025/2026: Haushaltsrede Karen Haltaufderheide-Uebelgünn

In der LWL-Landschaftsversammlung wurde am heutigen Dienstag, den 17.12.2024, der Haushaltsplan-Entwurf für die Jahre 2025 und 2026 verabschiedet.

Der Haushaltsplan wurde mit den Änderungsanträgen von CDU und BÜNDNIS 90/GRÜNEN und den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/GRÜNE SPD und FDP-FW angenommen.

Im Folgenden können Sie die Rede von Fraktionssprecherin Karen Haltaufderheide-Uebelgünn lesen.

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrter Herr Landesdirektor Dr. Lunemann,

Sehr geehrter Herr Vorsitzender Klaus Baumann,

Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung,

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,

Wir erleben intern und extern derzeit viele Veränderungen.

Beim LWL vollziehen wir gerade den personellen Wechsel in der Position zweier Landesräte.

Dr. Emanuel Wiggerich hat bereits seine Amtsgeschäfte aufgenommen und die ersten Bewährungsproben bestanden. Herr Taki Mehmet Ali wird mit dem 1. Januar das Amt des Landesrates für Soziales übernehmen, das nach dem viel zu frühen Tod von Johannes Chudziak vakant war. An dieser Stelle sei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich gedankt, die diese Vakanz hervorragend überbrückt haben.

Auch die WLV erhält durch das Ausscheiden von Bodo Strototte mit Jann Robert einen neuen Geschäftsführer. Wir wünschen allen dreien eine glückliche Hand und freuen uns über diese Verjüngung der Führungsriege im LWL.

Extern sind die Veränderungen geprägt durch die Notwendigkeit zu einer umfassenden Transformation. Diese wird umso schwieriger, je länger die Fakten verdrängt wurden und werden. Und ich spreche hier noch nicht einmal von den Auswirkungen der schrecklichen Kriege in Europa und im Nahen Osten.

Bezogen auf die Klima- und Umweltkrise sei gesagt: Schon Ende des letzten Jahrhunderts, eigentlich sogar schon seit dem Club of Rome, wussten wir oder konnten wir wissen, dass wir anders mit Energieversorgung und -verbrauch sowie mit Natur und Biodiversität umgehen müssen. Wir haben es versäumt, frühzeitig die Konsequenzen zu ziehen.

Und mit jedem Tag, den wir weiter zögern und an dem wir andere, durchaus nachvollziehbare Interessen vor durchgreifende klimapolitische Maßnahmen stellen, werden die notwendigen Einschnitte für uns und unsere Kinder härter. Das betrifft auch die Wirtschaft, das sehen wir gerade sehr deutlich.

Bezogen auf Fragen der Integration können wir ähnliche Versäumnisse feststellen.

Schon um die Jahrtausendwende wussten wir, dass die westliche Exportpolitik mit der Zerstörung heimischer Märkte auf dem afrikanischen Kontinent und in Schwellenländern zu einem erheblichen Migrationsdruck auf Europa führen müsste. Wir wussten auch, dass uns im Zuge des demografischen Wandels eine immer größere Zahl an Arbeitskräften fehlen würde. Auch diese Erkenntnisse haben wir im Wesentlichen ignoriert.

Vor 15 Jahren hat Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert und damit zu geltendem Recht gemacht. Nach euphorischen Aktivitäten in den ersten Jahren verharrt die Umsetzung inzwischen auf einem unzureichenden Status Quo. Der diesjährige Staatenbericht hat dies deutlich gemacht. Vor allem der schleppende Abbau von Sondereinrichtungen wurde kritisiert.

Veränderungen, und vor allem so weitreichende Transformationen wie derzeit erforderlich, sind mit Verunsicherung verbunden. Die unterschiedlichen Schlussfolgerungen, die verschieden Kräfte aus der Situation ziehen, verschärfen die gesellschaftlichen Konflikte.

Das fördert diejenigen, die zurück wollen in ihre vermeintlich heile Welt – die egozentrische Welt des „Wir zuerst“, die alles für ideologisch erklären, was nicht ihrem eingeschränkten Weltbild entspricht. Sündenböcke, die für alle Schwierigkeiten verantwortlich seien, sind schnell gefunden. Leider ist es in Zeiten der Verunsicherung leicht, Menschen damit zu fangen.

Die demokratischen Parteien wissen um die Notwendigkeit von Klimaschutz und Transformationen. Die Umsetzung stockt dennoch. Sie ist nur oberflächlich betrachtet  eine Frage des Geldes.

Wir müssen auch zukünftig bereit sein, in notwendige Veränderungen zu investieren.   Klimaschutz darf kein Mäntelchen sein, das wir uns gerne umhängen, ohne die Konsequenzen zu tragen. Viele kleine und große Schritte sind zu tun. Wir erleben gerade hier und heute, dass die SPD aktuell nicht einmal der konsequenten Umsetzung der EMAS-Zertifizierung, der Umstellung auf LED und dem Antrag auf Begrünung und Entsiegelung zustimmt.

Wir haben in Richtung Klimaneutralität schon viel erreicht im LWL. Ein klimaneutrales Gebäude rentiert sich langfristig trotz höherer Baukosten – erst Recht in Anbetracht der CO2-Steuer – über niedrigere Betriebskosten und unterstützt unseren Weg zur Klimaneutralität.

Und weitergedacht: Wir müssen investieren in Integration, Diversität und gute Bildung – auch angesichts des weiter aufziehenden Arbeitskräftemangels.

Und in Bezug auf Inklusion: Wir wollen, dass ein Selbstbestimmtes Leben nicht dem Kostenvorbehalt untergeordnet ist.

Bei einigen von Ihnen lese ich die Antwort im Blick: Ja, aber das können wir uns gerade nicht leisten. Und ich frage zurück: Können wir es uns denn leisten, es nicht zu tun? Die Antwort gibt die Wissenschaft sehr eindeutig. Viel teurer und gefährlicher, als in Klimaschutz und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu investieren, ist, es nicht zu tun.

Fakt ist allerdings, dass die derzeitigen Finanzen eine zukunftsfähige Entwicklung nur eingegrenzt ermöglichen.

Die kommunale Familie ist strukturell und dauerhaft unterfinanziert. 2023 hatten nur noch 17% der Kommunen in NRW einen ausgeglichenen Haushalt. Der überwiegende Teil der Kommunen verzehrt seine Rücklagen, ist bereits in der Haushaltssicherung oder rutscht in die Überschuldung.

Als Umlageverband, der im Wesentlichen von den Kommunen finanziert wird, sind wir gesetzlich, moralisch und rein praktisch verpflichtet, Rücksicht auf unsere Kommunen zu nehmen.

Wenn wir trotzdem unsere Aufgaben als LWL verantwortungsvoll erfüllen wollen, müssen wir uns mit der gesamten kommunalen Familie für eine bessere Finanzierung einsetzen. Wir müssen endlich die Schuldenbremse mindestens reformieren, damit die Kommunen wieder Luft zum Atmen haben!

Hier besteht auch eine deutliche Verknüpfung zu den Ausführungen am Beginn meiner Rede: Gerade in Zeiten von Verunsicherung und Transformation braucht es eine öffentliche Hand, die Menschen in Notlagen unterstützt, die investieren kann und die damit die Wirtschaft wieder ankurbelt und das Vertrauen in demokratische Institutionen stärkt.

Der größte Aufwandsposten beim LWL ist mit 3,5 Mrd. € die Eingliederungshilfe. Die Bruttoausgaben der Eingliederungshilfe in Deutschland haben sich in den letzten 16 Jahren mehr als verdoppelt.

Der Beginn dieses Zeitraums fällt in die Zeit, als die berühmten 5 Milliarden mit dem Bund als Finanzierungsanteil der Eingliederungshilfe ausgehandelt wurden. Allerdings wurde diese Summe nicht angepasst oder dynamisiert. Wir können und wollen die dadurch entstandene Einnahmelücke nicht durch die Absenkung von Standards für die Betroffenen oder eine noch höhere Belastung der Kommunen schließen.

Stattdessen brauchen wir eine stärkere finanzielle Beteiligung von Land und Bund. Wir haben dazu am vergangenen Wochenende unserem Bundesvorsitzenden Felix Banaszak als Ergebnis einer bundesweiten GRÜNEN-Arbeitsgruppe ein Fach-Papier überreicht, das dazu auffordert, das BTHG weiterzuentwickeln und für eine auskömmliche Finanzierung der Eingliederungshilfe zu sorgen. Auch das erfordert wiederum eine Reform der Schuldenbremse.

Doch diese absolut notwendige Diskussion bezieht sich auf die Zukunft. Mit diesem Doppelhaushalt müssen wir mit dem wirtschaften, was vorhanden ist. Das ist ein schwieriger Spagat.

Unsere Aktivitäten zu diesem Haushalt standen und stehen daher unter dem Motto:

Sparsam wirtschaften und trotzdem zukunftsfähig gestalten.

Alle unsere Anträge lassen sich diesem Leitanspruch zuordnen.

Der Haushalt 2024 kann besser abschließen als erwartet. Dafür gibt es drei Gründe: das klug.e Wirtschaften der Verwaltung unter der Kämmerin Birgit Neyer, erste Auswirkungen unserer Konsolidierungsliste sowie positive externe Effekte Die dadurch erzielten Verbesserungen nutzen wir dazu, den Umlagehebesatz für unsere Mitgliedskommunen um 0,2 PP zu senken. Die Zahllast für die Kommunen verringert sich dadurch um knapp 35 Millionen €. Für meinen Kreis macht das 1,2 Mio. € aus, die dieser wiederum an seine Mitgliedskommunen weitergibt. Also auch an Breckerfeld.

Auch für 2026 und für die Mittelfristplanung können wir den Umlagehebesatz und damit die Zahllast für die Mitgliedskommunen senken. Mit der Senkung um 0,3 PP auf 18,45 PP werden die Kommunen gegenüber der Planung zusätzlich um mehr als 20 Mio. € entlastet.

Bis 2029 hat die Kämmerei das Ziel, die geplante Zahllast insgesamt um 140 Mio. € zu senken. Das ist hoch ambitioniert und eine wertvolle Unterstützung der Kommunen.

Natürlich besteht das Risiko, aufgrund externer Faktoren dieses Ziel zu verfehlen. Wir gehen davon aus, dass für den Doppelhaushalt kein Nachtragshaushalt notwendig wird. Versprechen kann das aber niemand. Diese Planung verpflichtet uns zu strikter Haushaltsdisziplin.

Auch die knappe Ausgleichsrücklage von 80 Mio. € birgt Risiken. Sie liegt bei etwa 1,7% des Haushaltsvolumens. Bei 3 Mrd. €, die allein in der Eingliederungshilfe in Personalaufwendungen fließen, kann man sich vorstellen, welche Auswirkungen geringfügige Veränderungen haben können, wie etwa höhere Tarifsteigerungen als geplant.

Mit einer voll kompensierten Arbeitszeitreduzierung um eine Stunde – so sehr sie den Beschäftigten in der Eingliederungshilfe gegönnt sei – wäre die Ausgleichsrücklage aufgezehrt. Wir gehen also deutliche Risiken ein, um die Kommunen zu entlasten.

Trotzdem verzichten wir nicht darauf, inhaltlich positive Akzente zu setzen:

  • Die EMAS-Zertifizierung unserer Einrichtungen wird stärker unterstützt, damit es nicht zu Verzögerungen kommt.
  • Ein Pilotprojekt zur Erprobung zukunftsfähiger neuer Technologien für die klimaneutrale Energieversorgung einer LWL-Liegenschaft wird umgesetzt, sofern die Wirtschaftlichkeit aufgezeigt werden kann. Daran haben wir keine Zweifel.
  • Ein Programm zur Dach- und Fassadenbegrünung sowie Entsiegelung und Hofbegrünung wird unter Einbeziehung von Fördermöglichkeiten geprüft.
  • Da, wo es wirtschaftlich ist, wird in den Museen die Ausstellungsbeleuchtung auf LED
  • Der LWL zahlt für künstlerische Leistungen von professionellen Akteurinnen und Akteuren künftig Mindesthonorare. Und das, meine Damen und Herren ist jetzt im Laufe der Verhandlungen zu einem Grundsatzbeschluss geworden. Ich danke allen, die dazu beigetragen haben.
  • Die Zahl der geförderten Projekte des LWL-Programms „Partizipation und Demokratie fördern“ wird auf 20 Projekte pro Jahr aufgestockt.
  • KI wird eingesetzt für mehr Übersetzungen in einfache und leichte Sprache sowie in Gebärdensprache.
  • Berichte werden zukünftig ohne Qualitätsverlust vornehmlich digital veröffentlicht. Der Erscheinungsrhythmus wird gestreckt.
  • Innerhalb des Projekts Aufbruch inklusiver Arbeitsmarkt werden Maßnahmen entwickelt, um die Übergangsmöglichkeiten von Frauen auf den ersten Arbeitsmarkt deutlich zu verbessern.
  • Über die Sozialstiftung wird ein Konzept zur Einrichtung eines Quartiersmanagements für LWL-Wohnverbünde, auf LWL-Gelände entwickelt. Nach einer Evaluation wird dies ggf. versteigt. Dies geschieht natürlich gemeinsam mit den jeweiligen Kommunen.
  • Diversität wird als wesentliches Ziel des LWL in den Vorbericht des Haushaltes aufgenommen.
  • Unter dem Titel „Digitalisierungsrendite einfahren“ wird die Verwaltung beauftragt, die Potentiale aus der Vorlage Digitalisierung 3.0 zur Senkung des zukünftigen Personalbedarfs bis 2027 zu entwickeln. Dazu gehören auch ein Controlling und Berichte an die Politik. Der Blick soll auch auf weitere Haushaltsjahre gerichtet werden.

 

Meine Damen und Herren,

wir haben trotz der knappen Finanzlage mit diesen Anträgen ein klares Aufgaben-Programm für die Jahre 2025 und 2026 formuliert. Der LWL entwickelt sich weiter in Richtung Klimaneutralität, Demokratieförderung, soziale Gerechtigkeit und Inklusion. Damit setzen wir den positiven Weg in dieser Wahlperiode fort. Als Erfolgsprojekte seien hier beispielhaft genannt: Klimaschutzkonzept und Gebäudeleitlinie, der Neubau des Eingangsgebäudes in Detmold, das Housing-First-Programm und der Aufbruch Arbeit, das kulturpolitische Konzept, die Unterstützung der Freien Szene, die Aufarbeitung kolonialer Bezüge in der Kultur, sowie die Standortentwicklungsplanung und Quartiersanbindung im Psychiatrieverbund.

Ich danke an dieser Stelle vor allem unserem Kooperationspartner CDU, aber auch allen anderen demokratischen Fraktionen für die positive und fruchtbare Zusammenarbeit. Ich danke der Verwaltung für die gute Arbeit und die vielfach erbrachte Unterstützung . Und ich danke stellvertretend für unsere gesamte Fraktion meiner Co-Sprecherin Martina Müller für die unermüdliche Arbeit.

Wir wünschen allen eine erholsame Weihnachtszeit und neue Tatkraft für das Jahr 2025.

 

 

 

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