Landespflegegesetzes Nordrhein-Westfalen
10. Okt. 2000
2000-10-10 Evaluation des Landespflegegesetzes Nordrhein-Westfalen -PFGNW-
Evaluation des Landespflegegesetzes Nordrhein-Westfalen -PFGNW-
Das Landespflegegesetz NRW ist auf Bundesebene im Hinblick auf die Verantwortung für hilfe- und pflegebedürftige Personen eines der umfassendsten Ausführungsgesetze.
Dieses Gesetzeswerk geht in seinem Aufgabenkatalog vom ganzheitlichen Menschenbild aus. Es versucht die Leistungen der Teilkasko „Pflegeversicherung“ mit ihrer engen Sichtweise der Grundbedürfnisse schwer pflegebedürftiger Menschen zu erweitern und Förderungen für die Information, Beratung, Hilfe und Pflege der Betroffenen zu finden. Gleichzeitig versucht es, neue Steuerungswerkzeuge für die Bestands- und Bedarfserfassung und die Qualitätssicherung zu finden. Es ist ein fortschrittliches Gesetz.
Nach den Kriterien der Einsparungen und Deckelungen bei der Betreuung Hilfe- und Pflegebedürftiger wird dieses Gesetzeswerk durch die Verwaltung des LWL und den Landkreistag in ihren Stellungnahmen ausschließlich nach finanziellen Gesichtspunkten gesehen. Diese Sichtweise ist eindeutig zu kurz geraten!
Die Förderung der Investitionskosten für neue Einrichtungen der Altenpflege, bzw. dessen Renovierung, wird in den nächsten Jahren noch ca. 3,4 Mio. DM kosten. Hier ist es unserer Ansicht nach recht und billig, trotz der vom Land einseitig gedeckelten Investitionsförderung für drei Jahre, eine Beteiligung des Landes zu fordern.
Die Investitionskosten, die durch die Landschaftsverbände an die ambulanten Pflegedienste gezahlt werden, pauschal als zu hoch abzutun, da sie dem eigenen „Portemonnaie“ entstammen, ist zu kurz gegriffen. Bei der Berechnung der Investitionskosten, die von den ambulanten Pflegediensten erstellt und nachgewiesen werden muß, werden ausschließlich die Pflegeeinheiten, die über die Pflegekassen, bzw. Beihilfen gezahlt werden, für die Investitionskosten berechnet. Das bedeutet, daß bei Pflegebedürftigen, die über die Sachleistungen der Pflegekasse hinaus Pflegeleistungen benötigen, diese Eigenleistungen nicht mit berechnet werden. Auch Pflegeleistungen, die durch die Sozialämter finanziert werden, werden nicht beachtet. Pflegebedürftige, die die Tagespflege besuchen und einen ambulanten Dienst nutzen, sind für die ambulanten Leistungen zu ca. 75% Selbstzahler. Die Berechnung der Investitionskosten bezieht sich folglich nur auf ca. 2/3 der erbrachten Leistungen.
Die Investitionen für AltenpflegeschülerInnen in Form der Umlage ( die übrigens nach allen Pflegeeinheiten einschließlich Teamsitzungen berechnet wird) frißt über 50% der Investitionskosten. Die globale Forderung, hier zu kürzen, da eine Luxusbezuschussung vorliegt, kann eher den Verdacht schüren, daß hier eine Einrichtungsform, die keine große Lobby hat, als Spardose genutzt wird.
Eine Mischfinanzierung der Investitionskosten für stationäre Einrichtungen durch Darlehen und Pflegewohngeld sieht die grüne Fraktion als sinnvolles Steuerungsinstrument zur Beeinflussung der baulichen und fachlichen Standards an.
Die Investitionskosten für Tages-, Kurzzeit- und Nachtpflegesätze wird unabhängig von der Belegung pauschal finanziert. Bei diesen Einrichtungen, die eine wichtige Mittelebene zwischen ambulanter und stationärer Versorgung schaffen, besteht bei Nichtbelegung von Plätzen keine Absicherung durch Pflegekassen oder Selbstzahler. Hier zumindest die Investitionskosten für die laufende Erhaltung der Räumlichkeiten zu zahlen, wäre recht und billig.
Die Kurzzeitpflegeeinrichtungen unterliegen in der Nachfrage Schwankungen. Im Juli fahren pflegende Angehörige eben mehr in den Urlaub als im November. Als Antwort eingestreute Kurzzeitpflegeplätze zu fördern, ist eine unzureichende Antwort. Diese Plätze sind nicht für den Bedarf kontinuierlich gesichert. Tagespflegehäuser benötigen für die 100%ige Auslastung eine regelmäßige Überlastung. Um die Fehlzeiten der Tagespflegegäste durch Krankheit und Kurzzeitpflegeaufenthalte auszugleichen, muß über die Quote hinaus aufgenommen werden. Dies bewirkt Qualitätsverluste. Ein Wegfall der pauschalen Investitionen würde diesen Effekt noch verstärken.
Mit der Argumentation, daß die Beratung ja doch nicht so recht klappt, soll die Auszahlung der dafür bestimmten Gelder (4,-DM pro Einwohner über 65 Jahre / &17 PFGNW) nach Vorstellungen des LWL gestrichen werden. Damit würde die Beratung nach §4 PFGNW nicht mehr finanziert. Durch Information und Beratung können der pflegebedürftige Mensch und dessen Angehörige jedoch mündig gemacht werden. Dieses Steuerungsinstrument soll, da die Umsetzung der Beratung teilweise schleppend, teilweise unzulänglich verläuft, abgeschafft werden. Die Ermöglichung einer Durchführungskontrolle und eine Bindung der Gelder für diese Zwecke durch eine Verengung des Gesetzestextes im PFGNW wäre gewiß von der Sache her sinnvoller.
Auch wenn man es gerne vergessen möchte, hat die Pflegeversicherung den Landschaftsverbänden und damit der kommunalen Familie trotz der Umsetzung des Landespflegegesetzes z.B. im Jahre 1998 eine Nettoeinsparung von 1,4 Mrd. für beide Landschaftsverbände gebracht.
Als Zeichen für die Verantwortung des LWL für die Menschen in Westfalen-Lippe, die keine Lobby haben und zur gesellschaftlichen Integration Unterstützung benötigen, sollte „ein Herz für Westfalen-Lippe“ auf der Fahne des Landschaftsverbandes geschrieben stehen. Bei den Beurteilungskriterien für die Stellungnahme zum Landespflegegesetz sieht es aber eher so aus, als wenn der Landschaftsverband ein Plastikherz mit einem Sparschlitz wäre!
Ingeborg Rowedda